1860 serviert Krakauer

Die Löwen stellen den polnischen Geldgeber Janusz Filipiak als neuen „Presenter“ vor.Der zahlt einen „mittleren sechsstelligen Betrag“– und noch mehr, wenn er Hauptsponsor wird.
MÜNCHEN „Ui, was ist denn hier los?“ So viele Reporter hatte Ewald Lienen schon lange nicht mehr vor der Nase gehabt: alle Plätze im Pressecontainer besetzt, auch das Stehplatzkontingent restlos erschöpft. „Sind alle wegen dir da, Ewald“, scherzte der Pressechef. „Das glaub’ ich nicht“, erwiderte der Löwen-Coach - und hatte natürlich Recht. Über das Derby am Samstag gegen Augsburg wollte kaum jemand reden. Alle warteten auf den Mann aus Polen. Den mit dem Geld.
Bevor Professor Janusz Filipiak kam, wurde drinnen flugs umgebaut: Die Sponsorenwand wurde überklebt, löwenblau mit weißer Schrift prangte dort nun der Name des neuen „Presenters“: Comarch, ein weltweit tätiger IT-Konzern mit Sitz in Krakau.
Dann legte Löwen-Geschäftsführer Manfred Stoffers los, sprach von einem „adventlichen Anlass“ und einem „morgendlichen Weihnachtsgeschenk in Form einer Unterschrift“. Es ging um einen „mittleren sechsstelligen Betrag“ für den Klub, der im Gegenzug dem polnischen Unternehmen für die Rückrunde verschiedene Werbe- und Vermarktungsrechte einräumt, insbesondere bei Heimspielen. So darf sich Comarch in der Allianz Arena auf Banden und Videowänden präsentieren. Zudem wurde eine sportliche Kooperation verabredet, im Jugend- und Profibereich.
Der Mann, der dem gebeutelten Zweitligisten mit seinem Geld gerade recht kommt, entpuppte sich dann als unterhaltender, aber doch sehr zielgerichteter Geschäftsmann. „I cannot speak german. I hope, it’s okay. When it’s not okay, I’m sorry.“ Kurze, verständliche Sätze. „I’m not good in making speeches. I’m good in making money.“
Außerdem wolle er dem Klub nicht nur Geld bringen, sondern auch Glück. Ein Spaßvogel auch noch.
Janusz Filipiak: 57, kein Sport-Hintergrund, eher eine Blitzbirne. Lehrtätigkeiten in den USA und Australien. In den 90ern sieben Jahre Lehrstuhlinhaber an der Krakauer Fachhochschule. Mitglied der polnischen Akademie der Wissenschaften. Autor von mehr als hundert Veröffentlichungen zum Thema Telekommunikation und Teleinformatik. Und 49-Prozent-Eigner des polnischen Klubs Cracovia.
In der höchsten Liga würde Filipiak auch die Löwen gerne sehen. Beim Pokalspiel gegen Schalke war er in der Allianz Arena und zeigte sich unter anderem davon beeindruckt, wie lange man Geschäftsleute mit Bier und einfachem Essen an eine Lounge binden könne: bis ein Uhr nachts. In Polen sei der TSV 1860 sehr bekannt und er hoffe, mit seiner Firma von der Bekanntheit des Vereins zu profitieren.
Noch bekannter wird man als Trikot- oder Hauptsponsor. Derzeit steht Comarch in der Sponsoren-Hierarchie laut Stoffers „neben den Ausrüstern und unter den Hauptsponsoren“ – was sich in der kommenden Saison ändern kann (AZ berichtete). Stoffers habe mit Ernst Prost vom jetzigen Hauptsponsor „Liqui Moly“ gesprochen, dieser habe die neue Entwicklung „sehr sportlich genommen“, so Stoffers: „Wenn sich eine bessere Gelegenheit ergibt, muss man darüber sprechen, auch über Ausstiegsszenarien.“
Janusz Filipiak will nicht viel über die Zukunft reden: „Future is six months.“ Sechs Monate nur? Aha.
Zur Feier des Tages gab’s im „Löwenstüberl“ einen Imbiss: Weißwürste und – genau: Krakauer. Geschäftsmann Filipiak hatte nur Zeit für einen schnellen Bissen: Er musste noch flugs den Firmenauftritt auf der Cebit besprechen. Der Mann verliert ungern Zeit. Und Geld schon gar nicht.tbc