1860: Schroths seltsame Klausel

MÜNCHEN - Der 34-Jährige hat in zwei Jahren keine einzige Minute für 1860 gespielt - und darf sich doch eine Anschlussbeschäftigung selbst aussuchen.
Miki Stevic stellt sich in den nächsten Wochen auf einen wahren Verhandlungs-Marathon ein, vor allem, wenn darum geht, sich von teuren Härtefällen zu trennen und weiter Kosten zu sparen. „Wir haben sicher Fälle“, sagt der 1860-Sportdirektor, „bei denen wir eine Lösung finden müssen“. Ein solcher Fall ist Markus Schroth. Der Vertrag des 34-jährigen Stürmers, der 2007 ablösefrei vom 1. FC Nürnberg kam und seitdem wegen eines Knorpelschadens im Knie keine einzige Minute für 1860 gespielt hat, läuft zwar zum Saisonende aus – doch wie die AZ erfuhr, kann der Ex-Kapitän auf eine seltene Klausel in seinem Arbeitsvertrag verweisen.
Diese Klausel nämlich garantiert ihm eine Weiterbeschäftigung beim TSV 1860. Nach AZ-Informationen kann Schroth – nach voriger Rücksprache mit dem Management – sich einen Job beim Zweitligisten quasi aussuchen: Als Jugend-Trainer, Pressesprecher, Assistent der Geschäftsführung – oder doch als (in diesem Fall: zweiter) Co-Trainer von Ewald Lienen? Schroth, der derzeit auf Krücken geht, hat es in den vergangenen Monaten vermieden, einen Antrag auf Sportinvalidität zu stellen, sondern sondern – trotz niederschmetternder Diagnose – immer wieder versucht hat, auf den Platz zurückzukehren. Ob die Sportinvalidität seine Zukunft bei 1860 gefährdet hätte?
Manfred Stoffers, der 1860-Geschäftsführer, will die Geheimeklausel nicht bestätigen („Kein Kommentar, über Vertragsinhalte sprechen wir nicht“), hat aber durchaus Mitgefühl mit Schroth. Zur AZ sagte er vor dem Saison-Finale in Nürnberg (Sonntag, 14 Uhr): „Für einen Spieler wie Schroth ist es tragisch, wenn er eine vertragliche Verpflichtung in bester Absicht übernommen hat, ihm aber der eigene Körper einen Strich durch die Rechnung macht.“ Stoffers weiter: „Für den Verein ist das nicht minder tragisch, weil die Investition in einen Leistungsträger nicht die Früchte getragen hat, die sich alle erhofft hatten.“
Die seltsame Klausel im Schroth-Vertrag: Kein Spiel für die Löwen absolviert – und trotzdem ein Anrecht auf einen lukrativen Anschlussvertrag bei den Blauen über zwei Jahre. Damit lockte Ex-Sportdirektor Stefan Reuter Schroth vor zwei Jahren vom damaligen Pokalsieger 1. FC Nürnberg zurück nach Giesing, obwohl es im 1860-Umfeld schon vorher Gerüchte gab, dass Schroth einen irreparablen Knieschaden gehabt haben soll. Warum Reuter diesen Vertrag so ausgehandelt hat, bleibt wohl sein Geheimnis. Schroth ist ja beileibe nicht der einzige Flop in den letzten drei Jahren. Die Nachfolger müssen die vielen Fehleinschätzungen ihrer Vorgänger nun mit ausbaden. Stevic vergangene Woche zu AZ: „Ich muss die Suppe auslöffeln, die nicht ich gekocht habe...“ Und was sagt Schroth selbst? "Noch ist alles offen. Das Wichtigste ist, dass ich gesund werde. Demnächst wird es aber Gespräche geben.“
Oliver Griss