1860: Schlabberhose kontra Ex
Die Löwen empfangen im Pokal Hertha BSC, den Ex-Verein von Sechzig-Keeper Gabor Kiraly. Der fiebert stets mit den Berlinern mit, doch am Mittwoch kennt er keine Freunde.
MÜNCHENEin Mann, eine Hose - Gabor Kiraly hat in seinen 16 Jahren als Profifußballer oft für Gesprächsstoff gesorgt. Auch wenn es mal wieder nur um sein Lieblingskleidungsstück und Markenzeichen ging: die graue Jogginghose. Am Mittwoch um 19 Uhr gibt es im DFB-Pokal für seinen Ex-Verein ein Wiedersehen mit ihm und der Schlabberhose. Vielleicht ja ein kleiner Grund zur Freude für Spieler und Verantwortliche von Hertha BSC Berlin, denn zur Zeit gibt es an der Spree wenig zu lachen: nach fünf Niederlagen in Folge ist Berlin Tabellenschlusslicht der Bundesliga und steckt tief in der Krise. 600 km weiter südlich blutet Ex-Herthaner Kiraly deswegen das Herz.
Von 1997 bis 2004 stand der Ungar für die Berliner im Tor, erlebte alle Höhen und Tiefen und fühlt sich der Hauptstadt immer noch verbunden. "Ich hatte sieben sensationelle Jahre in Berlin, habe Hertha viel zu verdanken. Ich lese jeden Tag online in den Zeitungen über den Verein, bin also immer bestens informiert. Und ich habe noch viele Kontakte, zu den Torwarttrainern zum Beispiel oder zu Pal Dardai. Zu Berlin habe ich eine ganz besondere Beziehung."
Kiraly: "Hertha ist eine unangenehme Mannschaft"
Im Pokalfight in der Allianz Arena sind - allen Emotionen zum Trotz - die Fronten natürlich geklärt: "In der Partie sind alle Beziehungen vergessen. Für uns ist das Spiel gegen Berlin ein Meilenstein, da sind alle topmotiviert. Wir wollen eine Runde weiter und den tollen Fans ein Fußballfest bieten." Trotz Herthas sportlichen Absturzes erwartet Kiraly einen heißen Kampf: "Hertha ist eine sehr unangenehme Mannschaft, die oft nicht besonders gut spielt und doch gewinnt. Sie sind eigentlich in der Defensive sehr gut organisiert, derzeit aber etwas verunsichert. Das wollen wir natürlich ausnutzen. Aber es wird schwer, Hertha hat Qualität."
Nach seiner Zeit in Berlin, zog es Kiraly und seine Jogginghose 2004 für fünf Jahre nach England, wo er unter anderem für West Ham United und den FC Burnley spielte. 2009 landete der ehemalige ungarische Nationalspieler wieder in Deutschland. Nach einer Saison als Nummer zwei bei Bayer Leverkusen sucht er seit dieser Spielzeit die Herausforderung bei den Löwen: "Das letzte Jahr hat mir sehr gut getan. 16 Jahre lang habe ich immer gespielt, Woche für Woche unter gewaltigen Druck gestanden. Das macht sich irgendwann bemerkbar. Die Zeit als zweiter Mann in Leverkusen war wichtig, um den Akku wieder aufzuladen. Jetzt bin ich hier wieder Stammtorhüter und habe viel vor."
Mit 1860 will Kiraly aufsteigen
Dass er nun in der Zweiten Liga kickt, sieht Kiraly nicht als Rückschritt, vielmehr denkt er an den Aufstieg: "Manchmal ist ein vermeintlicher Schritt zurück sehr wertvoll, um wieder nach vorne zu kommen. Wir wollen natürlich oben mitspielen. Um tatsächlich aufzusteigen, muss aber wirklich alles passen. Da muss jeder an seine Leistungsgrenze."
Nach Ungarn, Berlin und England nun also München. Seiner neuen Heimat kann der Ungar einiges abgewinnen - und freut sich außerdem auf die Wiesn: "Die Menschen sind hier sehr freundlich, die Stadt gefällt uns. Und auf dem Oktoberfest war ich noch nie. Aber ich habe schon viel erzählt bekommen und bin neugierig auf das Fest, die Lederhosen und die bayerische Gemütlichkeit. Die bayerische Tradition kennen zu lernen, ist wieder etwas Neues für mich! Darauf freue ich mich sehr." erklärt der Keeper
Viele Möglichkeiten für einen Wiesnbesuch werden dem 70-fachen Nationalspieler allerdings nicht bleiben. Bereits am Sonntag steht das nächste, wichtige Ligaspiel für die Münchner an: um 13.30 Uhr empfängt der TSV den Tabellenzehnten SC Paderborn. Die wollen sich für das Erstrundenaus im Pokal gegen die Sechziger im August (0:1) revanchieren. Englische Wochen also für den ehemaligen Englandlegionär Kiraly und die Löwen. Nichts Unbekanntes für den Torwart und seinem treuesten Begleiter - seine Hose.
Mathis Broelmann