1860: Lienen kontra DFB

Der Löwen-Trainer fordert – nach holländischem Vorbild – eine Nachwuchsrunde der Profiklubs. Und er wettert gegen die Regularien des Verbands
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Will sich bei 1860 durchsetzen: Manuel Schäffler.
Rauchensteiner/Augenklick Will sich bei 1860 durchsetzen: Manuel Schäffler.

Der Löwen-Trainer fordert – nach holländischem Vorbild – eine Nachwuchsrunde der Profiklubs. Und er wettert gegen die Regularien des Verbands

MÜNCHEN Wenn es im deutschen Fußball nach Ewald Lienens Gusto ginge, dann hätte es diesen Monolog am Mittwoch in der 1860-Geschäftsstelle nicht gegeben. So aber saß dort an der Grünwalder Straße ein Zweitliga-Trainer – und wetterte über die Strukturen im deutschen Fußball, über die zu geringen Einsatzchancen für jungen Talente. „Ich kann nicht nachvollziehen“, sagte Lienen, „dass wir es in Deutschland nicht hinkriegen, dass wir unsere Talente alle zum Einsatz bringen können. Viele versauern.“

Doch warum regt sich der Löwen-Coach darüber auf? Er selbst könnte die Talente doch spielen lassen. Der aktuelle Auslöser seines Ärgers ist 20 Jahre alt, Nachwuchsstürmer und heißt Manuel Schäffler. Seit Tagen überlegt Lienen gemeinsam mit Sportdirektor Miki Stevic, ob es sinnvoll ist, den ehemaligen U20-Nationalspieler („Ich will spielen, egal wo“) für ein halbes Jahr an Drittliga-Spitzenreiter FC Ingolstadt auszuleihen. „Wir wollen die Weiterentwicklung des Spielers nicht gefährden, wenn er länger nicht spielt. Ein junger Spieler wie Schäffler soll spielen – und nicht Stürmer Nummer vier oder fünf sein“, so Lienen. Die eigenen Amateure, die in der viertklassigen Regionalliga kicken, bieten Schäffler offenbar nicht die richtige Plattform.

Lienens Wunsch: Die Einführung einer Nachwuchsrunde für alle 36 Bundesliga-Mannschaften nach dem jeweiligen Spieltag der Profi-Teams. „Wenn wir dieses System hätten“, sagt der Löwen-Trainer, „dann müssten wir nicht über Schäffler nachdenken. Dann könnten solche Leute auf hohem Niveau in der Reserve spielen. Irgendwann sollen doch genau diese Leute Nationalspieler werden.“

Lienen greift den DFB an. Vorbildlich seien die Verbände in Holland oder England. „Da funktioniert das doch auch wunderbar“, sagt Lienen, „in Holland spielen sie beispielsweise immer am Montag. Das ist für mich ein einfacheres und sinnvolleres System. Dort kann ich meine Talente am besten fordern und fördern. Es ist doch eine tolle Sache, wenn man sich am Ende der Saison Nachwuchsmeister nennen darf.“ Nebenbei könnten die Vereine ihre Rekonvaleszenten in der Nachwuchsrunde spielen lassen. Lienen: „Dort könnte ich auch Verletzte wie Daniel Bierofka ranführen.“ So bleibt dem Ex-Kapitän (30) derzeit nur das Training.

Was Lienen außerdem ärgert: die DFB-Regularien. „In England kann sich Arsene Wenger beim FC Arsenal zum Beispiel unter allen Nationalitäten bedienen – egal, ob Spieler von den Fidschi-Inseln oder aus Australien kommen – er kann sie in der Zweiten Mannschaft spielen lassen. Und bei uns? Da können sie bestenfalls im Ausländeramt um den Bürotisch dribbeln und hoffen, dass sie einen Stempel bekommen. Das ist alles lächerlich.“

Emanuel Biancucchi, der 21-jährige Argentinier mit italienischen Wurzeln und nebenbei Cousin von Barcelonas Weltstar Lionel Messi, ist zwar schon seit Sommer 2008 beim TSV 1860 – konnte aber anderthalb Jahre nicht spielen, weil er als nicht EU-Ausländer fürs Regionalliga-Team nicht spielberechtigt ist. „Ein Unding“, schimpft Lienen, „dieses System macht mich krank.“

Sein revolutionäres Modell würde Lienen gerne mal bei einer DFB-Trainertagung vorstellen. Doch dies ist ihm nicht möglich. Lienen: „Zu den Trainer-Tagungen des DFB werden nur Erstligatrainer eingeladen. Das ist ein Unding.“O. Griss

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