1860: Letzte Chance Investor?

Bei 1860 diskutieren sie den Anteilsverkauf. Hier erklärt Fußball-Finanzexperte Thomas Fuggethaler, was das bringt – und wo das Risiko liegt.
Herr Fuggenthaler, beim TSV 1860 wird derzeit intensiv der Einstieg verschiedener Investoren diskutiert. Auch ein Anteilsverkauf scheint möglich. Wieso sind Fußballklubs für Investoren interessant?
THOMAS FUGGENTHALER: Da muss man drei Arten unterscheiden. Es gibt Investoren, die nur an einem Spielzeug interessiert sind, so wie Roman Abramowitsch beim FC Chelsea. Dann gibt es diejenigen, die an einem Marketinginstrument interessiert sind, wie es beim Red-Bull-Unternehmen Rasenballsport Leipzig der Fall ist. Und dann gibt es die reinen Finanzinvestoren, die ökonomische Interessen verfolgen. Beispiel ist die Glazer-Familie aus den USA, die mit Manchester United Rendite erzielen möchte.
Welches Modell käme im Fall des TSV 1860 infrage?
Der Musterfall dürfte ein strategisch denkender und auf einen Marketingeffekt abzielender Investor sein. Dafür würde der Verein die perfekten Voraussetzungen bieten. Durch seinen Namen hat 1860 einen Marktwert. Außerdem ist der Klub in einem attraktiven Umfeld mit hoher Medienwahrnehmung aktiv. Das Problem wäre, dass diese Investoren am liebsten mit dem eigenen Unternehmensnamen im Vereinsnamen auftauchen. Das prominenteste Beispiel ist Red Bull Salzburg.
Ist der Einstieg eines Investors die einzige Chance?
Mir scheint ein Investoren-Einstieg keine schlechte Lösung. Es müsste aber jemand sein, der sich zur Historie des Klubs bekennt. Und er sollte ein sauberes Image mitbringen. Wenn etwa ein unbekannter Oligarch aus Russland einsteigen würde, dann wäre zwar Geld da, aber der Rufschaden wäre auch sehr groß.
Müssen die 1860-Fans einen Investor-Einstieg fürchten?
Es kann gut-, aber auch schiefgehen. Beim FC Liverpool ist auf den Investoreneinstieg eine Abwärtsbewegung gefolgt. Als Red Bull nach einem Investment in Deutschland gesucht hat, kam zum Beispiel Fortuna Düsseldorf in Betracht. Dort sind die Fans auf die Barrikaden gegangen, weil der Verein seine Tradition hätte aufgeben müssen. Aber die Modelle aus England, wo sich Investoren in Vereine einmischen, wird es in Deutschland nicht geben, weil man hier durch die 50+1-Regel geschützt ist.
Was bedeutet, dass die Mehrheit in Klubbesitz bleiben muss. Bewahrt diese Regel einen Klub denn davor, seine Seele zu verkaufen?
Sie liefert einen gewissen Schutz davor.
Was bringt die Regel, wenn ein Investor letztlich doch entscheidet – wie beim Verkauf von Luiz Gustavo an Bayern durch Dietmar Hopp?
Die Regel kann zwar unterlaufen werden. Aber bei einem Traditionsklub, hinter dem ein starker Verein steht, schützt die Regel den Verein schon sehr gut.
Kann ein Investoreneinstieg überhaupt positives Licht auf einen Verein werfen?
Die positivste Wirkung kann er erzielen, in dem er einen Verein durch seine Finanzmittel auf die nächste Stufe hebt.
Wenn ein Investor einen Verein gerettet hat, kann er also doch Heldenstatus bei der Fangemeinde erreichen?
Das hängt davon ab, wie er sich verhält. In Manchester kommen die Hardcorefans nicht mehr in rot und weiß ins Stadion, sondern mit den traditionellen Farben grün und gold. Wenn sich aber ein Investor findet, der dem Verein hilft und nicht die Macht an sich reißt, kann es sein, dass die Fans ihn positiv sehen.
Womit kann ein Investor eigentlich verdienen?
Wenn man den nicht-monetären Part, also sprich die Marketingwirkung, ausklammert, dann geht es ganz einfach um die üblichen Einnahmequellen: Zuschauereinnahmen, TV-Rechte, Sponsoring und Merchandising. Wenn nun ein finanzorientierter Investor bei einem Zweitligisten einsteigen würde und der Verein würde es tatsächlich in die Erste Liga schaffen und sich dort für den Europacup qualifizieren, dann würden die Einnahmen richtig stark nach oben gehen. Wenn also ein Investor in einer erfolglosen Zeit einsteigt und einem Verein auf einen erfolgreichen Weg hebt, dann kann er damit eine sehr ordentliche Rendite erzielen.
Interview: Marco Plein