1860-Jugendchef Ernst Tanner: Flucht nach vorn?
Ernst Tanner entdeckt seit Jahren die Talente für 1860. Nun lockt Burghausen mit dem Manager-Job.
MÜNCHEN Eigentlich hätten die Löwen Ernst Tanner schon längst ein Denkmal bauen können. Denn ohne ihn, den Leiter des Jugendleistungszentrums, wären die Sechzger längst mausetot. 15 Jahre ist Tanner im Verein, in dieser Zeit sind Präsidenten gekommen und gegangen, Trainer geholt und gefeuert worden. Tanner aber war immer da und hat jedes Jahr neue Talente an die Grünwalder Straße gelotst. Talente wie Benny Lauth, Marcel Schäfer, Christian Träsch oder Timo Gebhart. Talente, die den Löwen durch ihren Verkauf immer wieder die Lizenz gerettet haben.
„Der Verein hat allein seit dem Bundesliga-Abstieg mehr als 13 Millionen Euro eingenommen durch unsere Arbeit“, sagt Tanner nicht ohne Stolz. Das ist mehr als jeder Sponsor den Löwen in dieser Zeit gebracht hat, mehr als der FC Bayern den Giesingern gezahlt hat für den Kauf der Stadionanteile und weit mehr als die Ex-Geschäftsführer Stefan Ziffzer und Stefan Reuter je hätten einsparen können bei den Löwen.
Kein Wunder, dass der derzeitige Cheftrainer Uwe Wolf, der übrigens vor zwei Jahren auch von Tanner von Hoffenheim als Trainer der U 23 zu 1860 geholt wurde, sagt: „Ernst ist 1860.“
Aber wie lange noch? NachInformationen der „Süddeutschen Zeitung“ soll Tanner ein konkretes Angebot von Wacker Burghausen vorliegen, der Löwen-Jugendleiter soll Manager werden beim Drittligisten. „Ich habe Angebote immer weitgehend abgeblockt”, wird er im Blatt zitiert.
Bisher zumindest. Es ist kein Geheimnis, dass Tanner zuletzt die Entscheidungen bei 1860 nicht immer glücklich fand. Sein Verhältnis zum neuen Sportdirektor Miki Stevic als sachlich zu bezeichnen, ist wohl reichlich euphemistisch. Nach AZ-Informationen denkt man bei 1860 außerdem darüber nach, den Etat für die Jugendarbeit (derzeit rund zwei Millionen Euro pro Jahr) zu reduzieren.
Tanner kann das nicht gefallen. „Ich habe mir mal geschworen: Ich mach nix, was nix bringt”, wird Tanner in der „SZ“ zitiert. Ob er damit die Situation bei 1860 meint?
Uwe Wolf will das nicht glauben – und will nun das Gespräch suchen mit Tanner. „Er hat hier seit 15 Jahren vieles aufgebaut und entwickelt. Ich will auf jeden Fall mit ihm reden“, sagt er. Auch Stoffers wiegelt ab. „Ich weiß nicht, ob Tanner uns wirklich verlassen will. Bevor ich nicht mit ihm gesprochen habe, werde ich dazu nichts sagen.“
Möglicherweise geht die Ära Tanner also tatsächlich zu Ende bei 1860. Und womöglich verlässt er den Verein im Sommer mit einem noch größeren Vermächtnis, mit noch mehr Geld, das er dem Klub gebracht hat. Schließlich haben Stoffers und Stevic ja schon angekündigt, aus „sportstrategischen Gründen“ Lars Bender im Sommer für viel Geld verkaufen zu wollen. Leverkusen, Bremen und Hoffenheim haben bereits Interesse signalisiert. Laut „kicker“ steht Lars Zwillingsbruder Sven zudem im Visier von Felix Magath und Wolfsburg. „Das spricht doch für unsere Jugendarbeit, dass unsere jungen Spieler wie die Bender-Zwillinge Interesse wecken“, sagt Wolf. Vielleicht sollten die Löwen-Bosse das auch ihrem Jugendleiter Tanner mal deutlich sagen.
F. Cataldo, S. Maurer