1860 im Chaos: Investor zieht sich zurück!

Sie hatten so große Hoffnungen in den Deal gelegt, wollten mit frischem Kapital den Aufstieg 2010 erreichen. Die Berliner Immobiliengruppe Schwarzer wollte mehrere Millionen Euro in den kommenden Jahren in den Traditionsklub investieren, als Sportdirektor wurde Miroslav Stevic installiert - hat nun die DFL den gesamten Deal gekippt?
von  Abendzeitung
Franz Maget, Michael Hasenstab, Miroslav Stevic, Rainer Beeck. Das sollte das Quartett für eine bessere Löwen-Zukunft sein: Ist nun alles dahin?
Franz Maget, Michael Hasenstab, Miroslav Stevic, Rainer Beeck. Das sollte das Quartett für eine bessere Löwen-Zukunft sein: Ist nun alles dahin? © dpa

MÜNCHEN - Sie hatten so große Hoffnungen in den Deal gelegt, wollten mit frischem Kapital den Aufstieg 2010 erreichen. Die Berliner Immobiliengruppe Schwarzer wollte mehrere Millionen Euro in den kommenden Jahren in den Traditionsklub investieren, als Sportdirektor wurde Miroslav Stevic installiert - hat nun die DFL den gesamten Deal gekippt?

Es war zwanzig nach acht, als das Löwen-Präsidium endgültig kapitulierte. Und wie es sich gehört für Funktionäre eines Vereines, der die selbstzerstörerische Kraft eines bösen Virus in seinen Statuten zu haben scheint, bekleckerten sich die Blauen auch dieses Mal nicht mit Ruhm. Die schlicht „Erklärung“ titulierte Klub-Mitteilung begann mit verharmlosenden Inhalt: „Das Präsidium gratuliert der Mannschaft zum Punktgewinn in Mainz“, stand da.

Erst im zweiten Absatz folgte das spektakuläre Eingeständnis einer totalen Blamage. „Entgegen den Erwartungen hat die DFL signalisiert, dass die Vereinbarungen zwischen dem TSV München von 1860 und der Unternehmensgruppe Schwarzer auf erhebliche Bedenken stoßen. Der Verein und Herr Schwarzer haben deshalb beschlossen, den Genehmigungsantrag zurückzuziehen und die Investition bis auf weiteres auf Eis zu legen.“

Der erst am vergangenen Dienstag mit großem Tamtam verkündete Deal mit dem Berliner Immobilienhändler Nicolai Schwarzer ist geplatzt, die Zukunft der Löwen erscheint mit einem Schlag düsterer und ungewisser denn je.

Schließlich hatten sie sich viel versprochen an der Grünwalder Straße von Schwarzers Einstieg im Verein. Der Berliner sollte Geld in die chronisch leeren Kassen pumpen. Ex-Profi und Schwarzer-Bekannter Miroslav Stevic als neuer Sportdirektor sollte mit den Millionen die richtigen Spieler nach Giesing lotsen. Der bisherige Geschäftsführer und Sportdirektor Stefan Reuter wurde zum Sponsorenbetreuer degradiert – und ging.

So sollte endlich der Aufstieg in die Bundesliga gelingen. Am liebsten schon 2010. „Alles andere als der Aufstieg wäre eine Lüge am Fan“, meinte Stevic.

Verschaukelt dürfen die sich nun aber erst recht fühlen. Wie viel ist jetzt noch die Aussage des 1860-Vizepräsidenten Michael Hasenstab (wohlgemerkt: ein Investment-Banker) wert? „Wir haben das Modell von unseren Anwälten genau prüfen lassen“, sagte er am Dienstag.

Auch als der Ligaverband zwei Tage später das Präsidium zum Rapport bestellte – es gäbe noch offene Fragen zum Investorenmodell, ließ die DFL verlauten – gab sich Präsident Rainer Beeck arglos: „Dafür haben wir Verständnis, „aber das beunruhigt uns nicht. Wir wissen, dass wir jetzt eine gewisse Vorreiterrolle in Deutschland haben.“

Ja, tatsächlich. Aber eben wieder mal ganz anders als sie es sich gedacht hatten an der Grünwalder Straße.

Die Sache hat sich heute Mittag zugespitzt und dann entschieden“, sagte Schwarzer am Montagabend der AZ. Eilig flog er nach München. „Die DFL scheint sich nicht am Sportdirektor Miki Stevic zu stören, es geht einzig und allein um Vertragsmodalitäten.“

Um Vertragsmodalitäten, die laut Schwarzer sogar von mehreren Anwaltskanzleien geprüft worden waren im Vorfeld. „Ich habe das Gefühl, dass die DFL versucht, mit uns einen Präzedenzfall zu schaffen“, meinte Schwarzer noch, „private Investoren im Fußball scheinen nicht gewünscht zu sein in Deutschland.“

Vizepräsident und SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget bemühte sich gleichzeitig in der BFS-Sendung „Blickpunkt Sport“ um Schadensbegrenzung: „So ein Einsteig ist heikel. Wir glaubten, einen guten Weg gefunden zu haben. Aber da gehen die Rechtsmeinungen auseinander, da wird weiter geprüft.“ Maget gutherzig: „Der Investor hätte keinen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik, auf die Geschäftsführung, auf den Verein gehabt. Das war im Vertrag geregelt. Es gab in der Außendarstellung den Zusammenhang mit Stevic, deshalb ziehen wir das zurück, bevor das zu einem langfristigen Streit zwischen allen Beteiligten wird mit unabsehbaren Folgen.“

Die sind freilich auch jetzt schon unabsehbar. Was passiert jetzt etwa mit den bereits zur eiligen Verpflichtung von Antonio Rukavina und Nikola Gulan kurz vor Transferschluss geflossenen Gelder? Haben die Löwen ihren Schuldenberg nun nur noch weiter erhöht? Könnte der Deal doch noch klappen? Und was passiert mit Stevic? Maget: „Stevic muss entscheiden, ob er vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung diese Position noch haben kann und will.“ Darüber wird heute entschieden. Unter dem zu erwartenden Druck durch Fans und Mitglieder könnte freilich die ganze Klubführung kippen.

Filippo Cataldo, Oliver Griss, Michael Schilling, Gunnar Jans

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