1860 gegen Rechts: "Löwen müssen sich wehren"

Hier erklärt 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer, wie der Klub endlich gegen die teils rechtsradikalen Fans vorgehen will. „Wir wehren uns gegen Intoleranz.
von  Marco Plein
Löwen-Geschäftsführer Robert Schäfer.
Löwen-Geschäftsführer Robert Schäfer. © sampics/AK

Hier erklärt 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer, wie der Klub endlich gegen die teils rechtsradikalen Fans vorgehen will. „Wir stehen für Toleranz und wehren uns gegen Intoleranz”

MÜNCHEN Seit 17 Jahren kämpft die Faninitiative „Löwenfans gegen Rechts” gegen Rechtsradikalismus, Diskriminierung und Intoleranz in der Löwen-Kurve. Immer wieder hat die Gruppierung, die 2009 vom DFB mit dem Julius-Hirsch-Preis für Toleranz ausgezeichnet wurde, die Klubgremien darauf hingewiesen, dass sich bei Löwenspielen regelmäßig Neonazis in der Nordkurve der Allianz Arena einfinden würden. Unternommen hat 1860, das eine braune Vergangenheit hat und sich 1933 bis 1945 der Nazi-Diktatur unterworfen hat, dagegen wenig. Das soll sich jetzt ändern.

AZ: Herr Schäfer, schon länger tummeln sich bei den 1860-Spielen in der Allianz Arena mehrere Neonazis, darunter auch führende Persönlichkeiten der Szene, im Block 132 in der Nordkurve. Am Freitag hat der 1860-Aufsichtsrat erörtert, wie dagegen vorgegangen werden kann. Wieso geschieht dies erst jetzt?
ROBERT SCHÄFER: Für mich ist nicht die Frage nach dem Zeitpunkt entscheidend, sondern die Tatsache, dass wir etwas dagegen unternehmen. Ich weiß, dass auch mein Vorvorgänger Manfred Stoffers mehrfach auf die Problematik hingewiesen hat. Warum die Vereinsgremien aber nie ernsthaft etwas dagegen unternommen haben, ob es Feigheit oder Faulheit war, will ich nicht beurteilen. In der letzten Aufsichtsratssitzung haben uns Vertreter der Fangruppe „Löwenfans gegen Rechts” darüber informiert, inwieweit eine Ausbreitung der Nazis gediehen ist. Und ja: Es gibt Anlass zur Sorge. Wir reden hier von einer handvoll auffälliger Personen, die sich nicht ausbreitet, aber auf die Anzahl kommt es gar nicht an. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Leute bei uns im Schutz der Masse toleriert werden.

Haben Ihre Vorgängern das Thema gescheut, weil es ihnen unangehm war, 1860 mit Nazis in Verbindung gebracht werden könnte?
Es gibt sicherlich angenehmere Themen. Aber wie man damit umgeht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wir haben uns entschlossen, die Augen nicht zu verschließen und dafür zu sorgen, dass rechtsradikales Gedankengut bei uns bekämpft wird. Es ist nicht so, dass unsere Fanlandschaft braun durchsetzt wäre – zum Glück nicht. Aber es gibt kleine Gruppierungen, die wir nicht tolerieren wollen. Bereits vor drei Jahren wurde das Hausrecht in der Arena in diesen Punkten angepasst, auch versteckte Symbole oder gewisse Codes und Kleidung sind jetzt nicht mehr erlaubt. Wir können auch ohne konkreten Anlass stärker aktiv werden, aber wir dürfen nicht willkürlich Hausverbote verteilen, wenn es keine begründeten Anlässe gibt. Die Leute benehmen sich meist. Sollte es aber dazu kommen, werden wir nicht zögern.

 




Was genau hat man nun im Aufsichtsrat beschlossen?

Es geht weniger darum, was man macht, sondern dass man etwas macht. Es geht um klare Bekenntnisse gegen rechts – und darum, dass sie regelmäßig erfolgen. Wir haben einen Maßnahmenkatalog entworfen, der jetzt geprüft wird. Angedacht sind öffentliche Aktionen und Botschaften im Stadion. Wir wollen kontinuierlich signalisieren, dass der ganze Verein, und damit sind wirklich alle, also Spieler, Trainer, Geschäftsstelle, Präsidium und Aufsichtsrat gemeint, in dieser Sache zusammenstehen. Alle Löwen müssen aufstehen und sich wehren. Wir sind ein bayerischer Klub mit vielen Fans und haben einen norddeutschen Geschäftsführer und einen arabischen Investor. Mehr muss man dazu nicht sagen.

Welche Rolle haben bei Ihrem Vorhaben die Vorgänge rund um die Zwickauer Nazi-Zelle gespielt?
Es gibt keine Zusammenhänge. Das Beispiel zeigt jedoch, was passieren kann, wenn man nicht gegen den braunen Sumpf vorgeht. Rechtsradikales Gedankengut kann schnell zu Rechtsterrorismus und im Endeffekt auch zu Todesfällen führen. Nicht, dass ich glaube, dass das bei 1860 passieren könnte. Aber ich kann nur appellieren: Wehret den Anfängen! Es wäre unverantwortlich, wenn wir nicht handeln würden.

Sie sprachen die „Löwenfans gegen Rechts” an. Auf deren Homepage wird 1860 als „Heimat der Neonazi-Szene" bezeichnet. Der Klub habe sich nie zu diesem Thema positioniert.
Das zeigt umso mehr, wie überfällig das jetzige Vorgehen des Vereins ist. Die Vorwürfe sind hart – aber berechtigt. Denn nur wer sich von Fremdenfeindlichkeit aktiv abgrenzt, setzt ein Zeichen. Wir wollen uns jetzt gemeinsam engagieren. „Die Löwenfans gegen Rechts” gehen seit Jahren voller Leidenschaft gegen Fremdenhass vor. Deshalb können wir viel von ihnen lernen.

 

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