1860: Frust in Frankfurt

Frankfurt - Der schönste Moment an diesem Abend war für Reiner Maurer zugleich der letzte. Als er mit finsterer Miene im Mannschaftsbus verschwand und die Türen hinter ihm schlossen, stand draußen eine Handvoll Fans. Sie riefen ihm zu: „Reiner, mach' weiter. Du bist der beste Trainer für uns." Maurer lächelte, wenn auch gequält. Denn der 51-Jährige hatte ja alles andere als einen schönen Abend erlebt.
Beim FSV Frankfurt verlor seine Mannschaft 1:2 und gab mal wieder drei Punkte aus der Hand. Und zwar leichtfertig. Vor allem, weil Stürmer Kevin Volland in dem wenig ansehnlichen Spiel nach seinem Führungstor eine laut Maurer „mehr als 100-prozentige Chance” zum zweiten Tor vergab. „Hätte ich den Ball reingemacht, wäre nichts mehr angebrannt. Vielleicht war ich mir meiner Sache zu sicher. Die Niederlage nehme ich klar auf meine Kappe", sagte Volland.
Weil bei den Löwen, die dem Doppelschlag des Frankfurter Senegalesen Momar N'Diaye nichts mehr entgegenzusetzen hatten, in der Nachspielzeit auch noch Talent Christopher Schindler nach einer Notbremse vom Feld musste, war es für sie ein Abend zum Vergessen. „Das war ganz bitter für mich. Ich kann die Entscheidung aber verstehen, auch wenn ich auf etwas mehr Fingerspitzengefühl des Schiris gehofft hatte", sagte Schindler (20) später. Stürmer Benny Lauth meinte: „Wir haben mal wieder Punkte verschenkt. Und weil uns das schon so oft passiert ist, verdienen wir es auch nicht, weiter oben zu stehen." Platz 9, mehr ist nicht drin.
Für einen war es ein noch weitaus unschönerer Abend: Sportdirektor Miki Stevic. Seit rund einer Woche weiß der Serbe definitiv, dass 1860 seinen Vertrag nicht verlängern wird, geahnt hat er es wohl schon länger. Am Freitagabend, bei seinem ersten offiziellen Auftritt nach der verkündeten Trennung, versuchte der Serbe zwar, sich nichts anmerken zu lassen – geklappt hat das nicht. Vor Anpfiff klatschte er alle Spieler ab, auch die Frankfurter, das Spiel verfolgte er er weitgehend regungslos, und nach dem Abpfiff wirkte er doch äußerst desillusioniert. Unverständnis und Frust über die Entscheidung der Löwen-Bosse sprachen aus seinen Worten. „Ich habe seit der ersten Sekunde mit vollem Einsatz alles für diesen Verein geben. Und das werde ich auch bis zur letzten Sekunde tun", sagte er. Fragt sich nur, ob Stevic tatsächlich noch bis zum 30. Juni – so lange ist er laut Vertrag noch angestellt – für 1860 arbeiten soll. „Wenn es jemand anders sieht, dann müsste ich das akzeptieren", sagt der 41-Jährige.
Die Frage nach seinen konkreten Aufgaben bis Saisonende wollte Stevic nicht genau beantworten. Auch dass er, wie die AZ erfuhr, nicht mehr in die Personalplanung für die neue Saison involviert werden soll, wollte er nicht bestätigen. Für den Serben, längst entmachtet, haben die unangenehmsten Tage seiner Zeit bei den Löwen begonnen. Er merkt: dass er nicht mehr gebraucht wird – und wohl auch nicht mehr gewollt ist.
Nach AZ-Informationen hat 1860 ihm eine sofortige Freistellung angeboten, das Gehalt würde weitergezahlt. Stevic möchte auch das nicht kommentieren. Er sagt nur: „1860 liegt mir genauso am Herzen wie sonst auch immer. Ich will immer dazu beitragen, dass der Verein irgendwann sein Ziel Erste Liga erreicht. Mehr habe ich nicht zu sagen." Viel ist das nicht.