1860, ein Schnäppchen für die Heuschrecken

Sieben Millionen für 20 Prozent: Eine Investmentgruppe steigt in Giesing ein. Miroslav Stevic öffnet die Tür.
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Possierliche Tierchen, eigentlich: Aber in Massen können Heuschrecken in der freien Natur durchaus zur Plage werden. Genauso wie im Sport.
az Possierliche Tierchen, eigentlich: Aber in Massen können Heuschrecken in der freien Natur durchaus zur Plage werden. Genauso wie im Sport.

Sieben Millionen für 20 Prozent: Eine Investmentgruppe steigt in Giesing ein. Miroslav Stevic öffnet die Tür.

MÜNCHEN Franz Maget lächelte, als er am Montag die Tür zur Geschäftsstelle des TSV 1860 öffnete. „Es muss etwas passieren“, sagte der Vizepräsident. Damit meinte Maget, auch Fraktionsvorsitzender der Landtags-SPD, wohl weniger die sportliche Misere der Löwen. Denn Trainer Marco Kurz darf, trotz des verpatzten Rückrundenstarts mit dem desolaten 0:2 gegen Freiburg am Sonntag, erst mal weiter die Übungseinheiten leiten. Maget ging es vielmehr um die finanzielle Situation des Klubs.

Und es wird etwas passieren beim TSV 1860 – die Löwen öffnen sich. Für einen neuen Sportdirektor – und für Investoren. Ex-Profi Miroslav Stevic kauft sich nämlich gewissermaßen ein als Sportdirektor bei den Löwen. Rund sieben Millionen Euro will Stevic als Antrittsgeschenk mitbringen, aus dessen Privatschatulle stammt das Geld aber freilich nicht. Hinter Stevic steht vielmehr eine Investoren-Gruppe. Diese soll für die sieben Millionen Euro rund 20 Prozent der Spielbetriebsgesellschaft des TSV 1860 übernehmen. Den Deal mit den Löwen eingefädelt hat der Münsteraner Rechtsanwalt Veit Wirth, der eigentliche Investor ist aber auch er nicht. Wirth vertritt vielmehr eine so genannte Private Equity Gesellschaft, in Deutschland bekannt und berüchtigt als „Heuschrecken“. Wer genau die Anteile bei den Löwen übernehmen wird – darüber schwieg Stevic bislang, lange sogar gegenüber dem 1860-Vorstand. „Als wir im Sommer schon mal über den Vorschlag von Miroslav Stevic diskutiert haben, konnte man uns keine Namen nennen“, erklärte Präsident Rainer Beeck am Montag. Nun wissen sie Bescheid. Beeck: „Wir haben das Modell prüfen lassen und sind von dessen Seriösität überzeugt.“ Und so bekommen die angeblich seriösen Heuschrecken die Löwen nun quasi zum Schnäppchenpreis: 20 Prozent Anteile für sieben Millionen Euro. Zum Vergleich: Adidas bekam 2002 für 77 Millionen zehn Prozent am FC Bayern.

1860 öffnet sich für „Heuschrecken“ – in Deutschland ein bisher einmaliger Vorgang. Ermöglicht hat das ausgerechnet ein Sozi: Franz Maget wollte der Gruppe schon im April 2008 einen Einstieg bei 1860 erlauben. Damals scheiterte dies am Widerstand des neuen Präsidenten Rainer Beeck. Nun setzte sich der SPD-Boss durch. Weil die finanzielle Situation viel dramatischer ist als bisher bekannt?

Die neuen Millionen dürften die Löwen nun erstmal retten. Außerdem hat Stevic den Kader noch einmal verstärkt. Gestern, am letzten Tag der Transferperiode, hat der Serbe bereits zwei neue Spieler verpflichtet.

Als Samariter sollte man die neuen Investoren nicht verstehen. Dem Konsortium geht es um Gewinn – wie allen „Heuschrecken“. Der frühere Leverkusen-Manager Ilja Kaenzig berät mit seiner Agentur „Boutique Football" Investoren, die in Sportklubs einsteigen wollen. Er nennt auf seiner Website ein fünfstufiges Modell, wie ein Invest ablaufen sollte. Stufe fünf nennt Kaenzig selbst als „Harvest Phase“ - als Erntephase. Diese soll im Idealfall nach vier bis fünf Jahren erreicht sein. Bis dahin sollten die Investoren den Klub professionalisieren und neue Sponsoren gewinnen. Der Verein sollte in dieser Zeit, auch dank der Millionen, sportlich wieder nach oben kommen. Dafür sei es laut Kaenzig sogar „unabdingbar", dass die Investoren eigene Leute in der Führungsebene der jeweiligen Klubs installieren – so wie bei den Löwen eben der als Manager gänzlich unerfahrene Stevic. Er dient als Türöffner.

Filippo Cataldo, Oliver Griss

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