1860: Der blaue Offenbarungseid

Stoffers und Stevic, die neuen Löwen-Bosse, feuern Cheftrainer Kurz, präsentieren dessen Freund Wolf als Interimslösung – und wirken reichlich planlos
von  Abendzeitung
1860-Sportdirektor Miki Stevic, hier links mit Geschäftsführer Manfred Stoffers, will Matthäus keinen Job bei den Löwen in Aussicht gestellt haben.
1860-Sportdirektor Miki Stevic, hier links mit Geschäftsführer Manfred Stoffers, will Matthäus keinen Job bei den Löwen in Aussicht gestellt haben. © dpa

Stoffers und Stevic, die neuen Löwen-Bosse, feuern Cheftrainer Kurz, präsentieren dessen Freund Wolf als Interimslösung – und wirken reichlich planlos

MÜNCHEN Der Weg zum Container führt durch knöcheltiefen Matsch. Es ist jener Container, den die Löwen Medienhaus nennen und in dem der mittlerweile beurlaubte Finanzboss Dr. Stefan Ziffzer einst verkündet hatte, dass der TSV „eine Firma ist – und mehr nicht“. Beurlaubt ist seit Dienstagmorgen auch Marco Kurz, der bisherige Cheftrainer. Über Gründe und Hintergründe wollte der Zweitliga-Zwölfte mittags informieren. Die Aufgabe übernahmen die neuen Löwen-Macher, Sportdirektor Miroslav Stevic und Geschäftsführer Manfred Stoffers – und es wurde ein informeller Offenbarungseid.

Was man nun weiß, ist dass Kurz – für ungewisse Dauer – vom bisherigen Co-Trainer Uwe Wolf abgelöst wird. Stevic erklärte, dass die Entlassung eine „persönliche Niederlage“ für ihn sei: „Marco Kurz hat akribisch gearbeitet, er hat sich mit dem Verein identifiziert. Ich war überzeugt, den Weg mit ihm zu gehen, aber nach der miserablen Leistung in Duisburg (1:4, d.Red.) mussten wir ein Zeichen setzen.“ Es habe „eine lethargische Stimmung geherrscht“.

Die soll nun der 41-Jährige Wolf, ein Kurz-Kumpel, beseitigen. Ob er sich Cheftrainer nennen darf? Ob er bis Saisonende bleibt? „Uwe Wolf ist die beste Lösung, er hat viele Eigenschaften, die auch Marco Kurz hat“, sagte Stevic. Ob der Ex-Assistent am Sonntag beim Heimspiel gegen St. Pauli (14 Uhr, AZ-Liveticker) als Chef auf der Bank sitzt? „Haben wir schon gesagt, wie lange Uwe Wolf das macht?“, fragte Stoffers in die Runde – und lieferte darauf keine Antwort.

Dennoch erscheint es wahrscheinlich, dass Wolf am Sonntag gegen St. Pauli zu einem „Kurz-Einsatz“ kommen wird, denn die Sechzger-Chefs haben (noch) keinen anderen parat. „Es gibt wenige Trainer, die von ihren Tugenden her zu diesem Verein passen“, so Stevic, der im Anschluss Ehrlichkeit und Fleiß nannte. Da sich dies doch stark nach jenen Eigenschaften anhörte, die er zuvor Ex-Coach Kurz zugebilligt hatte, meinte er: „Wir wurden zuletzt Elfter und Achter, wer das als Erfolg bezeichnet, ist hier im falschen Raum.“ Etwas später bekannte der Sportdirektor dann auch noch, dass es nicht schaden könnte, wenn der künftige Löwen-Trainer ein bisschen Erfahrung mitbrächte. Ernsthafte Chancen auf den Job hat Wolf somit nicht. „Jeder arbeitet auf Bewährung – auch ich“, erklärte Stoffers. Vorschusslorbeeren klingen anders.

Bei Fragen nach einem möglichen Kurz-Nachfolger legte er sich dann umso mehr ins Zeug und – Ziffzer, ich hör dir trapsen – da war sie wieder, die Firma TSV 1860. Stoffers: „Es stellt sich die Frage: Lohnt die Investition in eine Person?“ Will sich 1860 die Kosten für einen hauptamtlichen Cheftrainer sparen? So weit wollte er dann doch nicht gehen. „Wir wären schlecht beraten, wenn wir nicht geistige Vorratshaltung getroffen hätten.“ Heißt: Es gibt Kandidaten (siehe nächste Seite), aber fix ist nichts. Angesichts der Finanznot des Klubs ist auch denkbar, dass Sportdirektor Stevic selbst bis Saisonende als Interims-Chefcoach fungiert. Der Serbe sagte hierzu: „Wenn es ums Ganze geht, muss man eigene Wünsche zurückstellen.“ Er wäre also bereit. Und Stoffers fügte hinzu: „Wenn’s brennt, bin ich auch Balljunge.“ Es brennt, Herr Stoffers! Jochen Schlosser

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