1860-Bosse am Pranger! Iraki will "frisches Blut"

Hasan Ismaiks Statthalter Hamada Iraki wirft in einer Mail den Funktionären vor, sich nicht gekümmert zu haben und fordert Neuanfang. Will er Steiner statt Schneider als Präsidenten?
von  Filippo Cataldo
So einträchtig wie auf diesem Foto geht es zwischen den Vereinsverantwortlichen und Löwen-Investor Hasan Ismaik nur selten zu.
So einträchtig wie auf diesem Foto geht es zwischen den Vereinsverantwortlichen und Löwen-Investor Hasan Ismaik nur selten zu. © Daniel von Loeper

Ismaiks Statthalter Hamada Iraki wirft in einer Mail den Funktionären vor, sich nicht gekümmert zu haben. „Der Verein braucht einen Neuanfang, sonst wird es sehr bald zu spät sein.” Will er Steiner statt Schneider als Präsident?

München -  Hamada Iraki muss ziemlich angefressen gewesen sein, als er diese Mail schrieb. Knallhart in seiner Diktion und seinen Forderungen, greift der Münchner Statthalter des 1860-Investors Hasan Ismaik darin die Vereins-Funktionäre an. „Es ist für mich beispiellos, wie die Verantwortlichen über Jahre bis zuletzt mit ihrer Verantwortung und ihren Pflichten so fahrlässig umgehen und umgegangen sind.” Dies schrieb der Top-Banker im September in einer Mail an einen großen Verteiler von 1860-Funktionsträgern, die der AZ jetzt aus Vereinskreisen zugetragen wurde.

Grund für den Brandbrief waren die Probleme der Löwen mit dem Finanzamt (AZ berichtete exklusiv). Es sind die Worte eines Mannes, der es gewohnt ist, Weisungen zu erteilen und dem Diplomatie eher fremd ist. Und sie zeigen, dass es im Binnenverhältnis zwischen Verein und Investor auch ein halbes Jahr nach dem Anteilsverkauf an Hasan Ismaik alles andere als stimmt.

Iraki stellt in seiner Mail unverhohlen die Vereins-Bosse um Präsident Dieter Schneider und die Aufsichtsräte an den Pranger: „Die Verantwortlichen haben sich bis zuletzt um vieles gekümmert, allerdings offensichtlich nicht um ihren Verein. All diese Probleme sind nur hausgemacht und resultieren einfach aus Mangel an Interesse”, heißt es weiter, „all diese Probleme wären einfach zu lösen gewesen, leider war man anscheinend all die Jahre bis zuletzt nicht an Lösungen interessiert und jetzt riskiert der Verein deswegen sogar seine Existenz.”

Gemeint ist der durch die unfassbare Schludrigkeit aller 1860-Präsidien seit 2002 resultierende drohende Verlust der Gemeinnützigkeit des Vereins zum Jahresende. Weil der Verein nie einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der KGaA, der die Beziehungen zwischen den Parteien regelt, abgeschlossen hat, drohen dem Klub nun Forderungen der Behörden in Millionenhöhe.

Seit Wochen schon verhandeln nun Verein und Iraki um die Bedingungen für diesen Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Verhandlungen gestalten sich zäh, beide Seiten wollen so wenig Zugeständnisse wie möglich machen.

Zusätzlich geht es auch um einen möglichen Verkauf der Fanartikel-GmbH an Ismaik, um den Rückführung des Jugend-Internats an den Verein und um Logo- und Namensrechte. Kommen Iraki, der als harter und kompromissloser Verhandler gilt, darum die Steuerprobleme des Vereins in seinem Machtstreben sogar gelegen? „Der Verein braucht frisches Blut und einen Neuanfang, sonst wird es sehr bald zu spät sein”, schreibt er jedenfalls.

Das klingt nach einer Rücktrittsforderung. Zumal es kein Geheimnis ist, dass das Verhältnis der beiden Alpha-Tiere Iraki und Schneider getrübt ist. Der Präsident gibt gegenüber der AZ zu, bereits seit dem Frühjahr von den Problemen gewusst zu haben, sich aber aus Zeitgründen erst nach dem Anteilsverkauf darum gekümmert zu haben. Das mag angesichts der damals realen Existenzgefahr für den Klub verständlich sein. Doch möglicherweise spekuliert der Banker nun darauf, dass Schneider über die Probleme mit den Finanzbehörden stolpern könnte und er es so bald mit einem für ihn angenehmeren Verhandlungspartner zu tun bekäme. Auffällig ist jedenfalls das gute Verhältnis zwischen Iraki und dem Vereins-Aufsichtsratschef Otto Steiner, ohnehin eine Art ewiger Präsidentschaftskandidat bei 1860. Steiner freilich dementiert derlei Ambitionen.

Auf der Delegiertenversammlung am Montag in der Heide-Volm dürfte die Angelegenheit so oder so für größeren Diskussionsbedarf sorgen. Auch die DFL dürfte der Schriftverkehr zwischen Iraki und den Vereinsgremien interessieren – eine Einmischung in Personalangelegenheiten des Vereins durch den Investor verbieten die Liga-Statuten.

Iraki wollte seine Aussagen auf Nachfrage nicht bestätigen, am Sonntag sagte er der AZ aber: „Uns sind die Probleme und die kritische Situation des Vereins bekannt, allerdings hoffen wir für den Verein und seine Mitglieder, sehr bald eine Lösung finden zu können. Herr Ismaik hat vor vier Wochen 100000 Euro an den Verein gespendet, man kann aber nicht verlangen, dass er für die Fehler anderer gerade steht. Ismaik hat die KGaA gerettet und schuldenfrei gemacht, jetzt müssen die anderen ihre Hausaufgaben machen.”

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