1860: Angst vor den eigenen Fans

Während Schneider und Schäfer gegen die Insolvenz kämpfen, brechen beim Anhang alte Konflikte wieder auf.
Filippo Cataldo |
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Die Nordkurve könnte beim nächsten Löwen-Heimspiel leerer sein: Die 1860-Ultras diskutieren, ob sie dem Spiel aus Protest gegen die Klubpolitik fernbleiben.
Rauchensteiner/Augenklick Die Nordkurve könnte beim nächsten Löwen-Heimspiel leerer sein: Die 1860-Ultras diskutieren, ob sie dem Spiel aus Protest gegen die Klubpolitik fernbleiben.

Während Schneider und Schäfer gegen die Insolvenz kämpfen, brechen beim Anhang alte Konflikte wieder auf.

MÜNCHEN Für den philosophischsten Beitrag zum TSV 1860 sorgt dieser Tage ein Blumenhändler. „Selbst als Katastrophe ist dieser Verein eine Katastrophe”, sagt Hans Vonavka. Der Sprecher der Faninitiative Pro 1860 muss selbst lachen über seinen Satz, der den Zustand der Löwen recht treffend beschreibt.
Bis Donnerstag wollen Präsident Dieter Schneider und Geschäftsführer Robert Schäfer noch um den Erhalt der Profiabteilung kämpfen. Gelingt es nicht, acht Millionen Euro aufzutreiben, müssten sie zum Insolvenzgericht.

Wann immer man mit den beiden redet, verbreiten sie Zuversicht. Sie wirken gehetzt, aber recht optimistisch.
Beim Anhang hat sich aber längst jene Untergangsstimmung breit gemacht, die Schäfer und Schneider zu vermeiden versuchen. Diese Untergangsstimmung geht quer durch alle Lager und Fangruppen. Das ist aber auch das einzige, worin sie sich einig sind. Längst droht dem Klub eine Spaltung ihrer Fanszene. Die alten Gräben zwischen Fußball-Traditionalisten und Anhänger des Profitums, zwischen Sechzger-Stadion-Nostalgiker und Arena-Gänger sind wieder ausgebrochen. Nun über die Frage Rettung oder Insolvenz. Neu ist aber, dass die alte Unterscheidung zwischen den Fanlagern, hier der Fanclub-Dachverband Arge, dort Pro 1860, jenes Sammelbecken der Unorganisierten, nicht mehr gilt. Der Riss geht quer durch die Fanlager. Arge-Vorstand Andreas Kern vermeidet dieser Tage tunlichst das alte Argument der 50000 im Dachverband organisierten Anhänger. „Wir sind nur der Dachverband der Fanklubs. Wir sind aus Zeitgründen gar nicht in der Lage, jetzt eine Umfrage unter den Fanklubs zu machen, ob sie nun für die Rettung oder den Neustart im Amateurlager sind”, sagt er.

Auch Pro-1860 vermeidet eine klare Position. Der Vorsitzende Andreas Petri sieht die Argumente für einen Neuanfang im Amateurbereich, er selbst wirkt aber skeptisch. Die tumultartige Stimmung bei der Fußballabteilungsversammlung am Sonntag (AZ berichtete) hat Unbehagen in ihm ausgelöst. „Ich habe in den letzten Jahren erkannt, dass die im Verein organisierten Fans keinen Einfluss in der KGaA haben”, sagt er. Vermutlich hätte das auch seine Richtigkeit. „Wir müssen nun versuchen, die Spaltung der Fans nicht eskalieren zu lassen”, meint Vonavka.
Wenn es dafür nicht schon zu spät ist: Auf Facebook hat sich eine Gruppe mit dem Titel „Für einen echten Neustart ohne Arena” gegründet, Teile der Löwen-Ultras Cosa Nostra wollen das nächste Heimspiel boykottieren, die Arge hat sich am Samstag doch zu einem eher halbherzigen Aufruf durchgerungen. Jene, die eine Rettung befürworten, sollen Emails schreiben.

Petri hat lange gekämpft für eine neue Satzung, in der die Fans mehr Mitspracherecht haben. Nun sagt er: „1860 hat in dieser Beziehung Angst vor seinen eigenen Fans.” Vermutlich kann er es auch ein wenig verstehen. „Natürlich beobachten unsere Verhandlungspartner sehr genau, wie die Fanszene reagiert. Wenn es absolut militant wird, erschwert das schon die Gespräche”, befürchtet Schneider.
Wer nun in der Mehrheit ist – Insolvenz-Befürworter oder Rettungswillige – scheint schwer zu sagen. Petri: „Die Leute, die leiden, sind immer die lauten”, sagt er schließlich, „offensichtlich leiden diejenigen, die diesen Zustand nicht mehr wollen, am meisten.” Die anderen seien vielleicht einfach nur deprimiert.

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