1860-Allesfahrer Roman Wöll mit vernichtendem Fazit: "Wir gehen zugrunde"
München - Roman Wöll ist ein leidgeprüfter Löwen-Fan und wirklich viel gewohnt. Doch das, was seine Sechzger derzeit auf allen Ebenen abliefern, bereitet selbst dem 68-Jährigen größte Sorgen. "Die Erfolglosigkeit, die ganzen Streitereien und jetzt die Auseinandersetzung mit den Ultras, das macht mich fertig", sagt Wöll der AZ. Der Mann, der zur inzwischen seltenen Spezies der "Allesfahrer" gehört.
TSV 1860: Sogar die Fans sind ratlos
Nach dem sang- und klanglosen 1:4 des TSV 1860 gegen Dortmund II inklusive Anpfiff der Spieler in der Westkurve zeigt sich Wöll ratlos, wie's weitergehen soll. "Die Spieler waren bestimmt nicht gut gegen den BVB. Aber dass sie sich wie Schulbuben in die Kurve stellen und ihre Trikots ausziehen müssen, das zieht einen richtig runter. Das sind Szenen, die tun mir im Herzen weh."
Zum Hintergrund: Die Mannschaft war nach der Blamage auf dem Rasen dazu aufgefordert worden, ihre Löwen-Leiberl an Kinder zu verschenken. Und das in einer Saison, die 1860 als Topfavorit angetreten hatte. "Wir hatten einen Bomben-Etat, schnell neun Top-Neuzugänge und eine Rekordserie. Eigentlich hätte alles gepasst", meint Wöll und kann nicht fassen, wie sich die Spielzeit seitdem entwickelt hat.
Gibt es Anzeichen für bessere Zeiten?
Der Machtkampf im Hintergrund zwischen den Gesellschaftern der Giesinger hat wohl doch eine größere Rolle gespielt, als manch einer meint. "Ich habe es aufgegeben, daran zu glauben, dass beide Seiten überhaupt irgendwann einmal wieder zusammenkommen", sagt er. Es gebe "überhaupt keine Anzeichen, dass es besser wird".
Mehr noch, meint Wöll, der seit Jahrzehnten zu den Löwen geht und nahezu alle Auf- und Abschwünge der Vereinshistorie selbst erlebt und erlitten hat: "Die Gesellschafter blockieren sich gegenseitig und der Verein muss darunter leiden. Wir gehen langsam zugrunde, wenn das nicht aufhört. Sechzig ist total zerrissen."
Edel-Fan fürchtet nachhaltige Krise
Der Edel-Fan, dessen Ritual über viele Jahre war, Neuzugänge unbekannterweise mit einer herzlichen Umarmung zu begrüßen, fürchtet nach den besseren Drittliga-Jahren der jüngsten Vergangenheit eine nachhaltige Krise. "Auf die Frage, wer nächste Saison Trainer ist, wer die Mannschaft plant und ob man überhaupt eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen kann, kann dir niemand eine Antwort geben."
Wölls vernichtendes Fazit: "Mit Sechzig wirst du depressiv." Immerhin ein klitzekleiner Trostpreis der Erfolglosigkeit: Wölls Aufstiegs-Wette hat er zu seinem eigenen Leidwesen bereits gewonnen: Vizepräsident Hans Sitzberger hatte doch glatt daran geglaubt, dass 1860 mit fünf Punkten Vorsprung Meister werde – der Vize-Präsi habe die 100 Euro Wetteinsatz inzwischen längst beglichen.