1860: Alle Macht dem Hausmeister!
Wie Manfred Stoffers, kürzlich noch Privatier, beim TSV 1860 rasant zum Chef geworden ist und das Präsidium zum Schweigen gebracht hat.
MÜNCHEN Manfred Stoffers als Sprücheklopfer zu bezeichnen, dürfte legitim sein. Der gepflegte Smalltalk, bei dem nur um des Redens willen geredet wird, ist seine Sache aber nicht. Der 1860-Geschäftsführer pflegt eine direkte Ansprache. Und wenn er sich falsch verstanden fühlt, meldet er sich auch mal mitten in der Nacht. Möglicherweise ist auch genau das sein Erfolgsgeheimnis. Stoffers sagt zwar, was er denkt und spricht Fehler schonungslos an, aber er nimmt denjenigen, den er angreift, nicht die Würde.
Nun hat es Stoffers mit einer Mischung aus verbaler Angriffslust und Überzeugungskraft in nur drei Wochen geschafft, die Macht bei 1860 zu bekommen. Spätestens seit der Aufsichtsratssitzung am Dienstag ist der frühere Festina-Geschäftsführer der wichtigste Machthaber bei 1860.
In Stoffers Worten klingt das so: „In Zukunft gibt es bei 1860 eine strikte Trennung der Reviere. Das Präsidium präsidiert, die Geschäftsführer kümmern sich um die Geschäfte, und der Aufsichtsrat führt die Aufsicht." Super-Funktionäre, die „in begeistertem Engagement für den Verein in allen Zuständigkeitsbereichen mitarbeiten und dadurch ungewollt für Unstimmigkeiten sorgen“, soll es in Zukunft nicht mehr geben.
Anders ausgedrückt: Dass sich ein Präsidiumsmitglied in die Geschäfte einmischt, einen Investor oder Hauptsponsor sucht und mit diesem verhandelt, wird es wohl nicht mehr geben. Das alles wird Stoffers künftig machen. Zusammen mit Co-Geschäftsführer Markus Kern. Den Finanzexperten braucht Stoffers, um die Lizenzierungsunterlagen fertig zu stellen. „Geschäftsführende Präsidenten, die wird es bei 1860 nicht mehr geben“, sagte Stoffers Dienstagabend. Aus dem Präsidium widersprach keiner. Niemand sagte etwas.
Im Grunde hat der Brillenträger in nur drei Wochen das geschafft, wovon Ex-Geschäftsführer Stefan Ziffzer immer träumte. Die Geschäftsführung mit Stoffers und seinen Kollegen Markus Kerrn und Bernd Ingerling hat das Sagen, das Präsidium, nun ja, präsidiert. Damit hätte es ja auch noch genug Macht, meint Stoffers. Schließlich könnte das Präsidium „den Geschäftsführer zum Teufel jagen und einen neuen bestellen.“
So schnell passieren wird das wohl nicht. Und Vergleiche mit Ziffzer lehnt Stoffers sowieso ab. „Sehe ich so aus wie Herr Ziffzer?“, fragt er, „Nein! Herr Ziffzer hat immer gesagt, 1860 ist eine Firma, Firma, Firma. Ich sag’s anders: Wir sind ein Verein, der sich eine Firma hält.“ Er selbst vergleicht seine Rolle bei 1860 eher mit der „des Hausmeisters eines sehr komplizierten Hauses“, sagt er, „meine Aufgabe ist es, sich um verstopfte Rohre zu kümmern und dass das Licht brennt.“
Wie auch immer. Für einen, der sich vor drei Wochen noch rühmte, zuletzt „nichts“ gemacht zu haben, ist auch das schon eine bemerkenswerte Karriere.
F. Cataldo, O. Griss
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