Trotz Wimbledon-Aus: Serena Williams will weitermachen

Wimbeldon - Sam Sumyk hat es kommen sehen. Der Trainer der Serena-Bezwingerin Harmony Tan hatte vor dem Match geunkt: "Serena kann nicht auf dem Top-Level sein. Das geht nicht." Er spielte damit auf den Fakt an, dass die erfolgreichste aller Tennisspielerinnen seit einem Jahr kein einziges Match bestritten hatte.
Nach mehr als drei Stunden Drama auf dem Center Court stellt sich nun die Frage: War's das? Ist nun tatsächlich "Time to say goodbye"? Von wegen!

Tief in der Nacht nach ihrer denkwürdigen Rückkehr zum prestigeträchtigsten Turnier des Jahres meldete sich Serena Williams bei ihren Fans. Den Reportern hatte sie zuvor schon ausführlich Rede und Antwort gestanden, überraschend geduldig angesichts der dramatischen Erstrunden-Niederlage in Wimbledon. Doch ihren 15 Millionen Followern wollte sie ihre Gedanken persönlich mitteilen und Hoffnung auf die Fortsetzung des Spektakels geben.
Serena Williams kann – und will – einfach nicht aufhören
"Das war der Wahnsinn und so intensiv", schrieb Williams, "zwar nicht das Resultat, für das ich gekommen bin, aber meine Güte, ich habe es so genossen. Ich hoffe, ihr auch." Ihr Post endete mit den Worten: "Onward and up" - auf geht's. Weiter, immer weiter. Vielleicht sogar bis zu den US Open, ihrem Heim-Grand-Slam? Sie sei "sehr motiviert, um besser zu werden und zu Hause zu spielen", sagte Williams. Sie kann - und will - einfach nicht aufhören.
Am 26. September, zwei Wochen nach dem US-Open-Finale, wird sie 41, und wie gegen die Französin Tan deutlich wurde, ist sie derzeit nur noch ein Schatten der übergroßen Tennisspielerin von einst. Immer noch mit gewaltigem Kampfgeist und harten Schlägen zwar, aber deutlichen Schwächen und Fehlern, die sie sich auf dem Höhepunkt ihres Schaffens nie verziehen hätte. Nach mehr als drei Stunden und dem 5:7, 6:1, 6:7 (7:10) war sie diesmal gnädiger mit sich.
Williams: "Ich habe alles gegeben, was ich konnte"
"Heute habe ich alles gegeben, was ich konnte", sagte Williams, "vielleicht könnte ich morgen mehr geben, vielleicht hätte ich letzte Woche mehr geben können, aber heute war nur das möglich. Manchmal muss das für dich okay sein."
Immerhin lieferte sie - gemeinsam mit der 24-jährigen Tan - den Zuschauern auf dem Centre Court des All England Club eine große Show und feierte für sich selbst "einen großen Sieg. Den größten jemals", sagte sie nur halb im Scherz.
Sie sei ruhig geblieben, "nicht wütend" geworden. "Ich habe keinen Schläger geschmissen", sagte Williams. Dabei hatte Tan, die Nummer 115 der Weltrangliste, sie durchaus genervt: mit dem Vorhand-Slice und der Respektlosigkeit, sich nie abschütteln zu lassen. Es vergingen die Stunden, und Williams, die ohne große Vorbereitung nach Wimbledon gereist war, stellte später etwas überrascht fest, dass sie körperlich ganz gut mitgehalten hatte.
Williams: "Irgendwie bin ich Serena. Und das ist ziemlich fantastisch"
Nur bei den letzten Punkten, da habe sie "gelitten", sagte die Geschäftsfrau und Mutter mit den 23 Grand-Slam-Titeln, sieben davon in Wimbledon.
Dabei hatte sie für solch ein episches Match nach einem Jahr Turnierpause gar nicht genug trainiert. Warum also nicht wirklich weitermachen? Die Herausforderungen der knüppelharten Hartplätze angehen, die Emotionen in Flushing Meadows aufsaugen, dem Ort, wo einst alles begann?
"Zu Hause ist es immer was ganz Besonderes, vor allem in New York. Bei den US Open, dem Platz, auf dem ich mein erstes Grand-Slam-Turnier gewonnen habe", sagte Williams.
Das war 1999, vor 23 Jahren. Vor 9/11, Bush, Obama, Trump und Biden. Seitdem ist viel passiert, doch eines ist geblieben: Williams' unerschütterliches Selbstvertrauen: "Irgendwie bin ich Serena. Und das ist ziemlich fantastisch." Kein Widerspruch, nirgends.