Triumph des Zweifels
Alberto Contador gewinnt die Tour de France. Zurück bleibt die Skepsis, ob beim Spanier wirklich alles mit rechten Dingen zuging – und ob bei Rückkehrer Armstrong, der immerhin aufs Podium fährt, das Werbenfür seine eigene Krebsstiftung nicht ein Deckmäntelchen für Profitgier war.
PARIS Ganz gemächlich rollte das Tour-Feld am Sonntag nach Paris. Viele der Fahrer scherzten und lachten bei dem traditionellen Schauradeln, weil sie froh waren, dass sie die dreiwöchige Schinderei mit Anstand hinter sich gebracht hatten.
Und natürlich gab es bei zwei Fahrern auf der letzten Etappe ganz besonders viel gute Laune: Alberto Contador und Lance Armstrong. Beim Spanier, weil er die Tour zum zweiten Mal nach 2007 gewinnen konnte. Und beim Texaner, weil er als Dritter immerhin noch aufs Podium geradelt war. Vor allem aber, weil seine penetrante PR-Strategie komplett aufgegangen war.
Viele Gründe, sich uneingeschränkt mit den Siegern der Tour zu Freude, gab es freilich nicht. Denn auch wenn die Tour 2009 anders als in den vergangenen Jahren von großen Dopingskandalen verschont blieb: Die Zweifel bleiben. Gerade bei Alberto Contador, dem Spanier, der Fragen zum Doping beharrlich auswich.
Zu erdrückend waren einst die Indizien, dass auch er Kunde des berüchtigten Doping-Doktors Eufemanio Fuentes war, schließlich tauchte in den Akten immer wieder das Kürzel „A.C.“ auf, jene Initialen, die der 24-Jährige auch auf seiner Baseball-Mütze trägt. Und auch die übermenschliche Leistung bei seinem Etappensieg in Verbier, als er beim Schlussanstieg hochgerechnet auf 1900 Höhenmeter pro Stunde kam, hinterließen Zweifel. Etwa bei Greg LeMond, dem dreifachen Toursieger.
Mit Hilfe eines US-Leistungsdiagnostikers errechnete der Amerikaner, dass Contadors maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes 99,5 Milliliter pro Minute pro Kilogramm haben müsste. „Ein Wert, der meines Wissens zuvor niemals von einem Athleten erreicht wurde“, so LeMond. Zweifel, die Contador unbeeindruckt lassen. So sprach er dann auch viel lieber schon über die Tour 2010 und die Neuauflage des Duells mit Armstrong. „Lance wird nächstes Jahr noch stärker sein“, prophezeite er.
In diesem Jahr schien es für Armstrong weniger wichtig, zum achten Mal zu gewinnen, als vielmehr Werbung in eigener Sache zu betreiben. Der 37-jährige war omnipräsent, gerade im Internet, sei es mit seinen Twitter-Neuigkeiten oder Videobotschaften auf seiner Homepage.
Und das alles wirklich nur unter dem hehren Ideal, Geld für seine Krebsstiftung zu sammeln?
Armstrong-Kritiker hegen daran starke Zweifel. David Walsh etwa, der Journalisten und Autor des Buches „Die schmutzige Tour“. Für ihn waren es nur finanzielle Interessen, die Armstrong zurück in den Sattel trieben, reine Profitgier unter dem moralischen Deckmäntelchen der Krebshilfe. So betreibt Armstrong neben der Stiftungsseite „Livestrong.org“ sehr stark die Seite „livestrong.com“ eine kommerzielle Homepage, auf der es um Fitnessprodukte und gesunde Ernährung geht, kurzum um Geld.
Zwei weitere Motive für Walsh. „Er würde gerne die Kontrolle über den Rad-Weltverband UCI erlangen“, sagte der Ire in der „WamS“, „das Comeback dient auch als Plattform für den Sprung in die Politik.“ Schließlich will Armstrong einmal Gouverneur von Texas werden.
2010 wird Armstrong mit seinem neuen Team, gesponsort vom Konzern RadioShack, unterwegs sein. RadioShack betreibt 4400 Filialen. „Damit können wir Millionen Leute erreichen, um die Livestrong-Botschaft zu verbreiten“, so Armstrong. Welche der beiden Botschaften er damit meinte, ließ der Rückkehrer allerdings offen.
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