Treu bei Red Bull - vorerst!
HAMBURG Ruhe. Wonach sich Sebastian Vettel abseits der hektischen Rennwochenenden am meisten sehnt, ist – Ruhe. Und die wildesten Spekulationen um einen Abschied des Vorzeigefahres von Red Bull Ende nächsten Jahres werden nach seiner Vertragsverlängerung bis 2015 nun zunächst auch verstummen. Das kann dem Weltmeister auf seinem Weg zum vierten Titel in Serie nur recht sein. Doch im Fahrerlager wird längst getuschelt: Ist Vettels Verlängerung bei Red Bull um nur ein Jahr wirklich ein echter Vetrauensbeweis?
Schließlich ist der Heppenheimer erst 25 Jahre alt, der Brause-Hersteller stellt ihm seit Jahren den besten Formel-1-Renner zur Verfügung, und Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz hätte sein bestes Werbegesicht sicher gern bis zum Renteneintritt unter Vertrag. Vettel ist bei den Bullen der uneingeschränkte König. Warum also nur ein weiteres Jahr? Er hält sich alle Optionen offen. Über Verträge redet Vettel grundsätzlich nicht, betont aber immer wieder: „Man muss sich in seinem Team glücklich fühlen und ein konkurrenzfähiges Auto haben. Im Moment habe ich beides.“ Aber eben nur im Moment. Vettel hat in der Vergangenheit nie einen Hehl daraus gemacht, dass Traditionsteams wie Ferrari eine besondere Faszination auf ihn ausüben.
„Es ist ein Traum und für jeden Rennfahrer etwas Besonderes, wenn man mal die Möglichkeit hat bei Ferrari zu fahren. Bei Teams wie Ferrari und Mercedes herrscht ja ein gewisser Mythos oder eine Legende“, sagte er einmal. Zudem haftet Vettel noch immer der Makel an, nur mit den Neureichen von Red Bull Triumphe feiern zu können. Ex-Rennfahrer behaupten gern, Vettel steuere einfach nur den besten Wagen als Erster ins Ziel. Und: Nur mit einem Titel in einem immer mal wieder anfälligen Auto wie dem Ferrari könne er zur Legende werden.
Die Verantwortlichen der Marke mit dem springenden Pferd sind ohnehin von dem Deutschen angetan und baggern heftig an ihm, um wieder eine ähnliche Ära wie damals unter Michael Schumacher einzuläuten. „Ich denke nicht, dass wir Vettel verloren haben. Sebastian ist noch sehr jung, er hat noch viele Jahre als exzellenter Fahrer vor sich. Man sollte deshalb niemals nie sagen“, sagte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali zuletzt. Ende 2015 wird Ferrari-Platzhirsch Fernando Alonso 34 Jahre alt sein. Der Vertrag des Dauerrivalen von Vettel läuft noch bis 2016 – doch die Scuderia hat bereits 2009 bei Kimi Räikkönen bewiesen, dass man Top-Fahrer trotz laufenden Vertrages schon mal vor die Tür setzt.
Dass die beiden Alpha-Tiere der Branche gemeinsam in einem Team fahren könnten, hatte Ferrari-Boss Luca di Montezemolo zuletzt stets ausgeschlossen, doch für die Zeit nach Alonso will der Landgraf Vettel unbedingt. „Er ist jung, er steht mit beiden Beinen auf dem Boden, und er hat einen unbändigen Siegeswillen. Schumacher hat mich schon vor vier Jahren auf ihn aufmerksam gemacht, weil er Vettel aus der Kartzeit kennt. Ich muss sagen, Michael hatte Recht“, sagt di Montezemolo bei jeder Gelegenheit.
Vettel selber wird sich nun zunächst voll auf seine Titelverteidigung konzentrieren. Nach seinem dritten Saisonsieg zuletzt in Kanada liegt der Heppenheimer bereits 36 Punkte vor seinem schärfsten Gegner Alonso. Und auch im nächsten Jahr will er mit Red Bull alles in Grund und Boden fahren. Doch die ersehnte Ruhe wird sicher nicht einkehren. Und daran ist Vettel nicht ganz unschuldig.