Totilas wird zur Marke
Matthias Rath gewinnt in München seinen ersten Ausritt mit dem Wunderpferd. Westerwelles Partner vermarktet den Hengst
München - Matthias Raths erster Blick galt nicht der Anzeigentafel und dem Urteil der Richter. Ein wenig unsicher, mit vor Anspannung rot leuchtenden Wangen blickte er nach seiner ersten Prüfung auf Totilas von dessen Rücken zu seiner Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff. War die Olympiasiegerin und Mitbesitzerin von Totilas zufrieden?
Rath lächelte. Linsenhoff hüpfte auf der Stelle, ballte die Fäuste, jubelte und kreischte wie ein Fan auf einem Boybandkonzert. „Ich bin total begeistert", sagte sie unmittelbar nach Totilas erster Prüfung unter Rath, dem ersten Auftritt seit elf Monaten, damals noch unter dem ehemaligen Reiter Edward Gal.
76,7 Prozent gaben die Richter am Ende Totilas und Rath, sehr ordentlich für einen ersten Auftritt und der Sieg im Drei-Sterne-Grand-Prix am ersten Tag der Pferd International auf der Olympia-Reitanlage in Riem. Sogar einen Ausrutscher in der Piaffe/Passage-Tour konnte sich das Paar erlauben, aber das nahm ihnen niemand übel. Im Gegenteil: „Man hat gesehen, was die beiden für Kämpfer sind. Fantastisch, wenn man sieht, wie sie alles geben", sagte Linsenhoff, sichtlich erleichtert nach der Premiere, „Totilas ist ein echter Showstar."
„Es war phänomenal, eine großartige Kulisse"
8000 Zuschauer waren laut Veranstalter nach Riem gekommen, um dem neuen deutschen Traumduo der Dressurszene und mutmaßlichen Medaillengaranten für Olympia 2012 zu huldigen: Dem 26-jährigen Matthias Alexander Rath und dem elfjährigen Rappen Totilas, das mit einem Kaufpreis von mehr als zehn Millionen Euro teuerstes Dressurpferd aller Zeiten.
„Es war phänomenal, eine großartige Kulisse", sagte Rath. Die Zuschauer feierten die beiden mit Ovationen.
Alleine zum Abreiteplatz neben dem Prüfungsviereck waren mehrere tausend Leute gekommen und hatten sich mit Picknickdecken und Campingstühlen breit gemacht. Größen des Sports wie Nadine Capellmann, immerhin vierfache Weltmeisterin, konnten einem fast leid tun: Als Rath und Totilas in leuchtend roter Jacke auf dem Vorbereitungsplatz einritten, waren sie die konkurrenzlose Attraktion, die Massen strömten ihnen hinterher.
Und auch wenn Matthias Rath noch nicht die manchmal strenge, aber immer außergewöhnlich ausdrucksstarke Haltung angenommen hat wie sein Vorgänger Edward Gal, Totilas enttäuschte auch unter seinem neuen Reiter nicht. Kompakt und muskulös, mit exakten Bewegungen ließ er die anderen europäischen Spitzenpferde um ihn herum eine deutliche Klasse schlechter aussehen. „Er hat das sehr gut gemacht, ich bin sehr glücklich", sagte Rath, der mit Totilas am Freitag um 10.30 Uhr noch einmal in einer Drei-Sterne-Prüfung antreten wird.
Die Chancen stehen zudem nicht schlecht, dass der Totilas-Hype in Riem nur der Anfang von viel Größerem gewesen ist. Michael Mronz, Lebensgefährte von Außenminister Guido Westerwelle, vermarktet mit seiner Agentur MMP Hengst und Reiter, derzeit unter anderem mit einer Klamottenserie und Tassen mit Schriftzügen und Portraitbildern. „Es geht nicht um Tassen", sagt Mronz, „es geht darum, die Marke Rath/Totilas aufzubauen."
Warum also in Zukunft nicht mit Spielzeugfiguren, Frühstückscerealien oder alkoholischen Getränken, möglicherweise kombiniert mit einem in der Dressurbranche nicht ungewöhnlichen Namenssponsoring. Die einzige Bedingung: „Es muss eine starke Marke sein", sagt Mronz, „es passt sowohl Premium-Bier als auch Premium-Champagner". Unter dem vorherigen Besitzerstall hieß der Hengst noch „Moorlands Totilas" - man sollte sich also besser schon einmal an „Paulaners Totilas" oder Moët Totilas gewöhnen.
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