Toni schießt Franz in Rage
Nach dem verschossenen Elfmeter von Luca Toni bleibt der Kaiser gnadenlos: "Das ist ein Gesetz, dass der Gefoulte nicht selbst antreten darf." Doch die Statistik widerlegt den Traditionalisten Beckenbauer.
Schade, dass Franz Beckenbauer so weit weg war. Womöglich hätte er unten am Platz selbst gern eingegriffen und das Ärgernis verhindert. Aber er verfolgte das Spiel gegen Bremen (1:1) vom Ehrengastbereich der Allianz Arena aus, im Stehen.
Von dort oben hatte er gleich kommen sehen, dass da unten gleich etwas schief laufen würde bei seinen Bayern. Es stand 0:1, als Luca Toni in der 29. Minute von Bremens Torwart Tim Wiese gefoult worden war. Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer entschied auf Elfmeter. Das war richtig. Falsch war – aus Sicht Beckenbauers –, dass Toni selbst zum Strafstoß antrat, weil Franck Ribéry, der etatmäßige Schütze, fehlte. Trainer Ottmar Hitzfeld hatte keinen Ersatz bestimmt, überließ die Entscheidung den Spielern.
Im Stile eines nervösen A-Klassen-Verteidigers
So kam es zu Tonis Elfmeter- Debüt in der Bundesliga. Der Italiener schoss im Stile eines nervösen A-Klassen-Verteidigers, der zum allerersten Mal zum Strafstoß antritt und Lässigkeit vortäuschen will. Ein paar Schritte Anlauf, halbhoch und unplatziert das linke Eck angepeilt: Hauptsache, der Ball geht nicht daneben. In Tonis Fall ging er in die Arme von Tim Wiese, der den Schuss souverän abwehrte.
Wiese jubelte, Beckenbauer wütete. Franz am „Premiere“- Mikro: „Das kann sich Ottmar Hitzfeld nicht gefallen lassen! Das ist ein Gesetz, dass der Gefoulte nicht zum Elfer antreten darf – und dann das! Schlechter kann man gar nicht schießen! Da muss der Kapitän eingreifen. Aber das ist der Torwart (Oliver Kahn, d. Red). Das ist dann natürlich ein Problem. Aber dann muss das ein anderer machen – ein van Bommel, ein Klose.“
Die Chance auf das elfte Saisontor
Doch von denen hatte niemand die Initiative ergriffen. Anders als Toni, der die Chance witterte, sein elftes Saisontor zu erzielen. Damit wäre er der Alleinführende in der Torschützenliste gewesen. Daraus wurde nichts.
Dennoch liegt Beckenbauer, der Traditionalist, mit seiner Einschätzung daneben. Bereits 2005 räumte eine Studie der Universität Halle-Wittenberg auf mit dem Vorurteil, der Gefoulte dürfe einen Elfer nicht selbst schießen: In 72,6 Prozent dieser Fälle lande der Strafstoß im Netz, fanden die Wissenschaftler heraus.Wenn ein anderer schieße, liege die Trefferquote bei 74,6 Prozent. Ein marginaler Unterschied. Groß genug aber, um Beckenbauer in Rage zu bringen.
Wenn Weltmeister scheitern
Später entschuldigte sich Toni: „Ich habe geschossen, weil ich mich gut gefühlt habe. Es tut mir leid.“ Beckenbauer blieb jedoch ungnädig: „Er ist Weltmeister, der muss einen Ball aus elf Metern ins Tor schießen können.“
Ach, ja? Uli Hoeneß war 1976 auch Weltmeister, als er im EM-Finale gegen die CSSR im Elfmeterschießen versagte. Er hat daraus gelernt. Hoeneß sagte am Sonntag: „Zu verschossenen Elfmetern gebe ich grundsätzlich keine Stellungnahme ab.“
ill,ps, thk