"Tommy war ein Vorbild für mich"
Am Sonntag beginnen in Paris die French Open. Hier spricht Titelverteidiger Rafael Nadal über sein Comeback auf dem Tennisplatz, seine schwere Verletzung und Leidensgenossen
AZ: Herr Nadal, seit Ihrem Comeback im Februar eilen Sie von Erfolg zu Erfolg. Wer soll Sie in Paris stoppen?
RAFAEL NADAL: Jeder Spieler, gegen den ich spiele. So gehe ich in jedes Spiel. Immer mit dem Gedanken: Das ist ein Gegner, der Weltklasse-Tennis spielen kann, der es drauf hat, mich zu schlagen. Wenn du diesen Respekt nicht hast, kannst du nichts werden in diesem Sport.
Überrascht Sie die Qualität Ihres Comebacks?
Das ist mehr als eine Überraschung, das ist, ganz ehrlich, ein kleines Wunder für mich. Davon habe ich nicht mal zu träumen gewagt. Mir war am wichtigsten, dass ich gesund bleibe. Das war das Hauptziel.
Können Sie heute völlig bedenkenlos auf den Platz gehen, ohne das Gefühl, dass wieder etwas mit dem Knie passiert?
Nun, das Knie fühle ich schon. Der entscheidende Punkt für mich ist aber: Ich kann mit jedem da draußen mithalten.
Sind Sie heute wieder so leistungsfähig wie in Ihren besten Zeiten, sehen wir den 100-Prozent-Nadal?
Das Maximum ist immer das Maximum in einem Moment. Ich gebe für mich immer 100 Prozent. Nur so kann ich überhaupt leben im Profitennis. Wenn meine 100 Prozent nicht reichen, dann war mein Gegner halt besser. Aber ich gehe trotzdem nicht mit einem schlechten Gefühl nach Hause.
Wie hart waren diese sieben Monate Verletzungspause, das Fehlen bei den Olympischen Spielen auch?
Es war eine verdammt schwere Zeit. Ganz einfach, weil es lange Zeit auch keine Besserung gab. Ich wachte morgens auf, testete mein Knie – und spürte, dass nichts vorwärts ging.
Auf Facebook sah man ziemlich entspannte Bilder von Ihnen: Beim Angeln, beim Ausflug mit der Familie.
Nein, entspannt kann man das nicht nennen. Das geht nicht, wenn man verletzt ist - und darauf brennt, wieder ins Tennis zurückkehren zu können. Meine Familie war natürlich trotzdem sehr wichtig: Sie hat mir soviel positive Energie gegeben, dass die schwere Zeit doch leichter wurde.
Gab es Rücktrittsgedanken?
Nein. Das waren nur die üblichen Gerüchte, die manche Zeitungen streuten. Meine Güte, ich hätte sogar ein bis eineinhalb Jahre gewartet, um zurückzukehren. Ich fühle mich noch jung als Profi, auch wenn ich jetzt schon ein paar Jahre durch die Welt ziehe.
Was ist in dieser Phase Ihrer Karriere wichtig für Sie?
Ich habe schon mehr erreicht in meinem Leben als ich je zu hoffen gewagt habe. Gesundheit, das ist alles, was zählt. Ich gehe inzwischen mit einer gewissen inneren Ruhe in das Turnierprogramm, auch wenn’s nicht immer so aussieht: Ich weiß, dass ich alles schon erreicht habe. Und dass ich nichts mehr zu verlieren habe.
Sind Sie weniger ehrgeizig?
Nein, das sicher nicht. Ich gehe in jedes Turnier mit der festen Absicht: Das willst du gewinnen. So habe ich schon immer getickt. Einen anderen Nadal gibt es nicht.
Einer Ihrer Kollegen, der Deutsche Tommy Haas, ist der unfreiwillige Weltmeister der Comebacks im Tennis. Nach fünf Operationen und fünf Rückkehrmissionen steht er nun wieder in den Top 20.
Was er in den letzten Monaten geschafft hat, spricht für sich. Er spielt wieder wie in seinen besten Tagen, und es ist faszinierend zu sehen, wie glücklich und beschwingt er ans Werk geht. Auch für mich war er ein Vorbild – so wie er sich von den Verletzungen nicht hat unterkriegen lassen. Ich hoffe mal, dass er noch einige gute Jahre vor sich hat.
Auf Haas könnten Sie auch bei Ihrem einzigen Gastspiel in Deutschland treffen, bei den Gerry Weber Open?
Es ist schade, dass Deutschland nicht so viele hochkarätige Turniere hat. Ich spiele immer gerne in Deutschland, weil die Menschen wirklich etwas vom Sport verstehen.