Tommy Haas: In guter Begleitung
Nach seinem Sieg in Halle gilt Tommy Haas (31) als Geheimfavorit für Wimbledon. Dass seine Karriere eine Renaissance erlebt, hat auch mit Veränderungen in seinem engsten Umfeld zu tun.
HALLE/LONDON Beim Edel-Italiener „La Fontana“ in Halle ging es in der Nacht nach dem Sieg noch lange hoch her. In den Hauptrollen: Tommy Haas als seltener Partylöwe und seine Verlobte Sara Foster als ungekrönte Stimmungskanone. „Wer hart arbeitet, kann auch mal feste feiern“, sagte Haas, der Überraschungs-Champion von Halle, lächelnd, bevor er sich am Montag auf den Weg nach München machte, zu einem kleinen Energie-Auftankstopp vor der Reise zum Saisonhöhepunkt nach Wimbledon.
„Ich bin gut drauf, ich bin heiß auf Wimbledon. Jetzt brauche ich noch ein bisschen Glück in der Auslosung“, sagte Haas, der mit 31 wieder zum Schrecken der Arrivierten der Branche geworden ist. Erst in Paris, als Beinahe-Verhängnis für Roger Federer im Achtelfinal-Krimi. Dann in Halle, als Bezwinger der Top-Ten-Stars Jo-Wilfried Tsonga (Achtelfinale) und Novak Djokovic (Finale). Nun in Wimbledon? „Ich kenne niemanden, der dort besonders gern gegen ihn spielen will“, sagt Klaus Hofsäss, der Ex-Bundestrainer.
Haas ist so etwas wie ein Geheimfavorit. Zumal die Vorjahres-Finalisten in unwägbarer Verfassung sind: Der seinerzeit unterlegene Federer ruhte sich nach seinem Triumph in Paris für eine Woche in der Heimat aus, Titelverteidiger Rafael Nadal pflegte zu Hause auf Mallorca das lädierte Knie. Beide gehen ohne Vorbereitungsmatch nach Wimbledon. Haas’ Chance?
Haas: "Sara, die Liebe meines Lebens"
Der Deutsche ist vom Ehrgeiz, der ihn seit Kindertagen begleitet, nicht verlassen, auch nicht nach all den Verletzungen. „Tommy ist einer, der immer siegen will. Ganz egal, ob er Tennis spielt oder Karten. Das war schon früher so“, sagt seine ältere Schwester Sabine, die einst mit dem Bruder ins Camp von Nick Bollettieri übersiedelte, den Stress aber nicht lange aushielt. In Halle lieferte sie dem Bruder stimmgewaltige Unterstützung, genau wie die Lebensgefährtin des Siegers, Sara Foster: „Er braucht ein intaktes Umfeld, das ihn bedingungslos unterstützt“, sagt Sabine Haas, „die richtigen Leute an seiner Seite.“ Oft fehlten die.
Noch zu Jahresbeginn meckerte Haas über oft lustlose Trainer, Physiotherapeuten oder Fitnesscoaches: „Wenn du siehst, wie die Topleute organisiert sind mit ihrem Stab, weißt du, warum sie vorn stehen. Bei mir gab’s eben manchmal Leute, die nur wie Angestellte ins Büro kamen und ihr Pensum runterspulten."
Nun hat er sich erstklassig aufgestellt und Alex Stober, den früheren Fitmacher von Ex-Superstar Pete Sampras, geholt. Bald wird er auch wieder vom Schweden Thomas Högstedt trainiert, nachdem der mit Philipp Kohlschreiber nicht glücklich wurde. Auch Lebensgefährtin Sara („Die Liebe meines Lebens“) treibt Haas an. Dessen Beharrlichkeit nötigt den Kollegen Respekt ab: „Tommy ist ein Spieler, den ich wirklich mag. Er hat ein großes Kämpferherz und eine große Liebe zu diesem Sport, sonst wäre er jetzt nicht mehr da“, sagt Roger Federer, der Schweizer Maestro. Vielleicht gibt es ein Wiedersehen in Wimbledon - zwischen ihm und Haas.
Jörg Allmeroth