Tom Kühnhackl über seinen Vater: "Wer Kühnhackl sagt, der meint den Erich"

Am Samstag wird die Eishockey-Legende 70. Sein Sohn Tom, der zwei Mal den Stanley Cup gewonnen hat, spricht exklusiv in der AZ über den Papa - und warum es trotzdem ein trauriges Jubiläum wird.
AZ: Herr Kühnhackl, am Samstag feiert Ihr Vater Erich - Deutschlands Eishockeyspieler des 20. Jahrhunderts - seinen 70. Geburtstag. Welches Wort fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an Erich Kühnhackl denken.
TOM KÜHNHACKL: Es hört sich vielleicht komisch an, aber: Eishockey-Legende. Sogar noch vor Papa. Weil dieses Wort einfach verdeutlicht, was für eine Größe er ist. Als Kind hat man ja gar nicht so richtig verstanden, was er alles so geleistet und erreicht hat, da war er einfach nur der Papa. Aber Eishockey-Legende fast einfach auch zusammen, was er ist. Er ist ein durch und durch wunderbarer Mensch. Er ist liebevoll, zuvorkommend, denkt immer zuerst an alle anderen und an sich selbst zuletzt. Wo er helfen kann, tut er es. Das ist einfach die Art Mensch, die er ist. Aber das Wort Eishockey-Legende verdeutlicht für mich eben, dass es da noch diese andere Dimension gibt.
Gab es für Sie diesen Moment, an dem Sie realisiert haben, der Papa ist nicht nur der Papa, sondern eben auch diese Eishockey-Legende?
Ja, das war irgendwann als Kind, damals in Landshut, da kamen immer am Montagabend die "alte Herren" zum Eishockey zusammen. Bekannte Spieler, die nicht mehr aktiv waren, die aber eben einfach nicht von diesem Sport lassen konnten. Bernie Englbrecht und andere. Da habe ich oft zugeschaut. Und nicht nur, dass mein Vater gefühlt einen Meter größer war als alle anderen, er hatte auch eine unglaubliche Puckbeherrschung, einen guten Schuss und, und, und... Es fiel auf, wie gut er war, obwohl alle anderen ja auch wirklich was drauf hatten. Da habe ich irgendwie realisiert, dass Papa gar nicht so schlecht Eishockey spielt, dass an ihm noch irgendwas anderes dran ist. Da habe ich auch verstanden, warum sich auf der Straße immer alle nach ihm umgedreht haben. (lacht) Und dann gab es da noch diesen anderen Moment.
Wir hören.
Ich habe in unserem Keller bei uns daheim irgendwann mal so mehrere VHS-Kassetten gefunden. Neugierig, wie man in dem Alter eben ist, habe ich sie natürlich angeschaut. Auf der einen war dann die Gala drauf, als mein Vater zum Eishockey-Spieler des Jahrhunderts gewählt wurde. Ich konnte es erst nicht glauben.
Sie dachten eher, der Mann, der da geehrt wird, sieht genauso aus, wie der Papa. . .
(lacht) So ähnlich.
Eishockey im Kühnhackl-Keller
Apropos Kühnhackl-Keller, da haben Sie, Ihre Geschwister und der Papa dauernd Eishockey gespielt.
Dauernd ist untertrieben. Immer wird dem Ganzen eher gerecht. Mein Bruder, meine Schwester, ich, der Papa, die Oma, Freunde, alle haben da gespielt. Wenn jemand zu Besuch kam, ging es in den Keller. Wir hatten da auch eine Torwart-Ausrüstung, die bekam dann jeder an und los ging es. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele Scheiben dabei zu Bruch gegangen sind, wahrscheinlich haben wir schon Mengenrabatt beim Glaser bekommen. Und der Boden hat von all den Schlagschüssen ausgeschaut! Aber es war einfach toll für uns alle.
War es eher Fluch oder Segen, mit diesem großen Eishockey-Namen aufzuwachsen?
Mei, es gab sehr, sehr viele positive Reaktionen, aber natürlich auch die Neider, die dann erzählt haben, dass ich nur im Team bin, weil ich den Namen habe und es eigentlich gar nicht drauf habe. Das geht beim einen Ohr rein und beim anderen gleich wieder raus. Aber tief in einem drin, will man es genau diesen Leuten schon gerne zeigen, dass man es kann und man will dann in diese riesigen Fußstapfen treten - und ein bisschen seine eigenen Spuren hinterlassen.
Tom Kühnhackl über seinen Vater: "Der hat mehr erreicht als alle anderen"
Mit zwei Stanley-Cup-Erfolgen ist Ihnen das mehr als gelungen, der Papa ist extrem stolz und sagt immer: "Der Tom, der hat doch viel mehr erreicht als ich!"
Wer in der Bundesliga 714 Tore geschossen und 752 Treffer vorbereitet hat, wer unzählige Titel gewonnen hat, wer dazu die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 1976 gewonnen hat, der hat mehr erreicht als alle anderen. Wer Kühnhackl sagt, der meint Erich Kühnhackl.
Und trotzdem wird der 70. Geburtstag Ihres Vaters nicht groß gefeiert, Ihre Familie muss mit einem schlimmen Schicksalsschlag fertig werden. Ihre Mutter, die Ehefrau von Erich Kühnhackl, ist im September überraschend verstorben.
Das stimmt leider. Das Leben wird für unsere Familie nie mehr das gleiche sein. Wir alle haben unseren Mittelpunkt der Familie verloren. Das tut sehr weh. Aber wir als Familie stehen - so wie wir es immer getan haben - extrem eng zusammen und helfen uns gegenseitig durch diese sehr, sehr schwere Zeit. Deswegen ist klar, dass keinem von uns nach Feiern zu Mute ist. Es ist daher ein sehr trauriges Jubiläum für uns alle - und wir alle haben damit zu kämpfen. In dem Zusammenhang gibt es auch diese eine Szene, die ich nie vergessen werde, die ich im Herzen trage und bis zum Ende meiner Tage in mir haben werde. Da ist dieses Bild, als ich mit Pittsburgh damals in San José erstmals den Stanley Cup gewinnen konnte. Da waren meine Eltern beide live im Stadion dabei. Dieser Moment, als wir zu dritt die Trophäe nach oben halten, da waren wir einfach als Familie so unglaublich glücklich. Dieses Bild habe ich jetzt, da meine Mutter fehlt, sehr stark vor Augen. Aber wie schon gesagt, wir werden als Familie durch diese Zeit kommen, wir bauen uns auf, aber den 70. Geburtstag meines Vaters haben wir uns wirklich ganz anders vorgestellt. Ganz anders.