Theissen hat ihn abfahren lassen

Monza-Sieger Sebastian Vettel war mal ein Musterschüler bei BMW. Jetzt kommt er nur noch zum Feiern vorbei.
von  Abendzeitung
BMW-Motorsportchef Theissen (l.) und Vettel, als sie noch Lehrmeister und Azubi waren. Das Foto stammt aus dem Jahr 2005.
BMW-Motorsportchef Theissen (l.) und Vettel, als sie noch Lehrmeister und Azubi waren. Das Foto stammt aus dem Jahr 2005. © xpb.cc

Monza-Sieger Sebastian Vettel war mal ein Musterschüler bei BMW. Jetzt kommt er nur noch zum Feiern vorbei.

MONZA Gestern musste Mario Theissen wenigstens nicht durchs ganze Fahrerlager laufen, um zu gratulieren. Noch auf dem Podium umarmte der BMW-Motorsportboss den Triumphator Sebastian Vettel, klopfte ihm mehrmals auf die Schulter. „Ich freue mich wirklich sehr für ihn“, sagte Theissen, „hätte ich einen Hut, würde ich ihn jetzt vor ihn ziehen. Das war große Klasse.“

Schon am Samstag hatte Theissen nach der Qualifikation Glückwünsche ausgesprochen. Da war er gleich durchs Fahrerlager gelaufen, hatte Vettel in dessen Box zur Pole Position gratuliert – und sogar den Rennausgang vorausgesagt. „Ich habe gesagt: Wenn es nass sein sollte, fahrt ihr das Ding nach Hause", meinte Theissen gestern Abend.

Auch im BMW-Motorhome wurde über Vettels Sieg gejubelt. Schließlich ist er für viele immer noch einer von ihnen. Schließlich lernte Vettel in einem Formel-BMW-Auto nach der Kartzeit das Rennfahren. Schließlich wurde er von BMW gefördert, schließlich feierte er für die Münchner letztes Jahr in Indianapolis als Vertretung des verletzten Robert Kubica sein Formel-1-Debüt. Theissen war es, der Vettel letzte Saison regelmäßig Hausaufgaben mit technischen Fragen stellte – und sie dann mit ihm zusammen durchging. Vettel war sein Lieblingsschüler.

Und doch ließ er ihn ein paar Wochen nach dem Debüt zu Toro Rosso und seinem Ex-Kompagnon Gerhard Berger ziehen. „Manchmal ist es für Fahrer besser, wenn sie anderswo Erfahrungen sammeln“, hatte Theissen gesagt. Tatsächlich hatte er sich entschieden, auf den damals schwächelnden Robert Kubica und den seinerzeit formstarken Nick Heidfeld zu setzen. Für Vettel war bei BMW einfach kein Platz mehr.

Schon damals betonte Theissen aber: „Sebastian ist nicht aus der Welt, vielleicht kommt er ja irgendwann zurück.“ Tatsächlich ist Vettel weiterhin Markenbotschafter für BMW. Er ist sozusagen ein Chef-Repräsentant des Münchner Rennstalls. Auch seinen 21. Geburtstag feierte Vettel vor zwei Monaten zusammen mit seinen Eltern im BMW-Motorhome. Gestern wartete Norbert Vettel, Sebastians Vater, bei BMW darauf, dass er seinen Sohn endlich in die Arme schließen könnte. Und sonst? Theissen: „Wir können an dieser Stelle nicht klären, inwiefern er noch verbunden ist mit uns. Aber es gibt noch Beziehungen.“

Das klingt nebulös. Ist es auch. Denn auch letztes Jahr war Vettels Vertragssituation alles andere als klar. Obwohl er einen Vertrag bei BMW hatte, wurde er von Red Bull gefördert und teilweise auch bezahlt. Nun hat er bis 2010 einen Vertrag bei Red Bull. Das Team des Brause-Milliardärs Didi Mateschitz muss BMW aber nach AZ-Informationen informieren, falls es Vettel an ein anderes Team abgeben wollte. BMW hat eine Art Vorverpflichtungsrecht. Aber was, wenn Vettel, der neue Siegfahrer, gar nicht mehr zurück will zu BMW?

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