Tennis-Star Hanfmann: Die Polizei war fast jeden Tag da

Yannik Hanfmann hat das derzeit weltweit einzige Tennisturnier in Höhr-Grenzhausen gewonnen. In der AZ erklärt er, wie sich das angefühlt hat.
Interview: Thomas Becker |
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Sieger im Endspiel über Dustin Brown: Yannik Hanfmann beim Geisterturnier in Höhr-Grenzhausen. Als Preis gab es eine Rolle Klopapier.
Thomas Frey/dpa Sieger im Endspiel über Dustin Brown: Yannik Hanfmann beim Geisterturnier in Höhr-Grenzhausen. Als Preis gab es eine Rolle Klopapier.

Der 28-jährige Yannik Hanfmann aus Karlsruhe ist derzeit die Nummer 143 der Welt.

AZ: Herr Hanfmann, erst mal Glückwunsch: Sie haben das seit Wochen erste und einzige Tennisturnier weltweit gewonnen – in Höhr-Grenzhausen, einem 9000-Einwohner-Städtchen im tiefsten Westerwald, zwischen Koblenz und Limburg. Wie ist es da so?
YANNIK HANFMANN: Ein kleines Örtchen, ganz ansehnlich. Von dem Tischtennisort Grenzau hatte ich schon öfter mal in der Zeitung gelesen. Aber zum Tennisspielen war ich tatsächlich noch nie hier. Jetzt ist mir das aber durchaus ein Begriff.

Wer hatte die Idee zu diesem einzigartigen Turnier, das unter dem Begriff 'Exhibition Series' lief’?
Rodney Rapson, der Gründer der Base Tennis Academy in Höhr-Grenzhausen. Der hatte schon relativ früh, als das mit Corona anfing, die Idee für so ein Turnier, hatte mir auch sein detailliertes Konzept geschickt. Trotzdem war ich skeptisch, ob das durchführbar ist. Aber irgendwie hat er es tatsächlich bei den Gesundheitsämtern und Behörden durchgekriegt. Die Polizei war fast jeden Tag da und hat geschaut, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht.

Wo wurde gespielt?
In einer Tennishalle namens Base Tennis. Eine ganz normale Fünf-Feld-Anlage mit Sand auf einem Hartplatz. Alle Plätze sind ausgestattet mit PlaySight-Kameras (ein Analyse-System per Videostream, Anm. d. Redaktion).

Gespielt wurde auf nur einem Platz

Welcher Modus?
Es waren acht Spieler, jeder hat über die vier Turniertage in einem Gruppensystem gegen jeden gespielt, verkürzte Sätze bis vier, zwei Gewinnsätze. Macht zusammen sieben Matches, und das achte und letzte war dann das Platzierungsspiel, das ich gegen Dustin Brown gewonnen habe.

Auf wie vielen der fünf Plätze wurde gespielt?
Nur auf einem. Einspielen konnte man sich auf dem letzten Platz ganz hinten, so dass man die Abstandsregelungen gut einhalten konnte.

Wie sind die Spieler miteinander umgegangen? Kommunikation ist ja nicht verboten...
Das war alles ein bisschen komisch. Wir haben schon miteinander geredet, sollten aber mit den Masken rumlaufen. Jeder hatte im Klub-Restaurant sein eigenes Kabinchen, wo man essen und sitzen konnte. Die Social-Distancing-Regeln sollten eingehalten werden, und dieser Abstand war schon komisch. Wir waren zwar vier Tage zusammen, aber so richtig Kontakt gab es nicht. Es war halt nicht das klassische Tennisturnier, bei dem man sich mit Handschlag begrüßt und hinterher zusammen sitzt und Karten spielt. Aber das Wichtigste war, dass wir ein bisschen Tennisspielen konnten.

Keine Linienrichter, keine Balljungen, korrekt?
Ja, nur ein Schiedsrichter. Sonst war keiner in der Halle.

Wo haben die Spieler gewohnt?
Die meisten waren zuhause, weil fast alle aus der Gegend kamen. Nur Johannes Härteis und ich waren im Hotel untergebracht, als die einzigen Gäste. Da war überhaupt nichts los. Essen haben wir uns über Bestellungen organisiert.

Nun folgt von Donnerstag bis Sonntag Teil 2 der ‘Exhibition Series’, kommende Woche sogar noch Teil 3. Gleicher Modus?
Jetzt sind es dann statt acht zwölf Spieler, in zwei Sechser-Gruppen. Wie nächste Woche gespielt wird, weiß ich noch gar nicht. Das wird immer kurzfristig entschieden.

Wie auch immer: Hauptsache, mal wieder ein paar Matches gespielt, oder?
Das war echt sehr schön. Endlich mal wieder ein bisschen Wettkampfstimmung: Das hat Spaß gemacht. Alle waren froh, dass es wieder weitergeht. Es ist halt schon was anderes als Training, eher so Training unter Wettkampfbedingungen. Jeder ist ins Match rein, um zu gewinnen. Da hat sich dann eine ganz coole Dynamik entwickelt, mit einigen hochklassigen Matches. Die vier Tage waren schon intensiv und anstrengend mit zwei Spielen pro Tag – eine Belastung, die wir alle lange nicht mehr hatten.

700 Euro, ein Tennisball und eine Rolle Klopapier

Ranglistenpunkte gab es ja nicht. Was gab es denn zu gewinnen?
Alle haben eine kleine Antrittsprämie bekommen, gekoppelt ans Ranking. Aufgrund der Platzierungsspiele gab es dann noch ein paar Hundert Euro: für mich als Sieger 700 Euro, der Achte hat noch 50 Euro bekommen – eher symbolisch.

Aber als Tennisprofi muss man in diesen Zeiten ja dankbar und genügsam sein.
Absolut. Die Alternative wäre nichts gewesen.

Apropos nichts: Gibt es für die große Tennisbühne irgendwelche Aussichten, wann es wieder losgehen könnte?
Am 15. Mai soll die Entscheidung über mögliche Termine für offizielle Profiturniere ab Mitte Juli fallen. Aber Anfang Juni soll schon eine DTB-Turnierserie starten, bei der es für deutsche Spieler losgehen soll. Da fehlen wohl nur noch ein paar Details.

Wie gut, wie fit, wie drin fühlen Sie sich nach diesem Turnier?
Schwierig. Ich vergleiche das nicht wirklich mit einem Profiturnier, sondern versuche, da reinzugehen und an ein paar Sachen zu arbeiten. Körperlich stehe ich relativ gut da, aber der Match-Rhythmus und ein paar Kleinigkeiten sind noch ein bisschen eingerostet. Aber von Tag zu Tag wurde es ein bisschen besser, deswegen bin ich mal gespannt, wie jetzt das zweite Event verläuft, ob man da seinen Rhythmus nun besser findet.

Haben Sie für den Turniersieg denn wenigstens einen kleinen Pokal bekommen?
Ich habe einen Tennisball mit der Nummer 1 drauf bekommen – und eine Rolle Klopapier.

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