Taumelnder Champion

WM-Kampf verloren, Sympathien gewonnen: Herausforderer Marco Huck unterliegt dem übergewichtigen Russen Powetkin nach Punkten. „Der Typ konnte nicht einmal mehr stehen”
von  Hartmut Scherzer
Blutender Herausforderer, untrainierter Weltmeister: Narco Huck (l.) gegen Alexander Powetkin.
Blutender Herausforderer, untrainierter Weltmeister: Narco Huck (l.) gegen Alexander Powetkin. © dpa

WM-Kampf verloren, Sympathien gewonnen: Herausforderer Huck unterliegt dem übergewichtigen Russen Powetkin nach Punkten. „Der Typ konnte nicht einmal mehr stehen”

Stuttgart - Alexander Powetkin saß fix und fertig auf seinem Schemel und rang schwer keuchend nach Atem. Derweil kletterte Marco Huck (27), an beiden Augenpartien blutige Beulen, an den Ringpfosten hoch, streckte die rechte Faust in die Höhe und ließ sich von 7000 Zuschauern in der ausverkauften Porsche-Arena feiern. Dann das Urteil der Punktrichter nach einer dramatischen Ringschlacht: 114:114, 116:113, 116:112 Punkte. „Neuer” – Jubel brauste durch die Halle – „und alter Weltmeister” – ein Pfeif- und Buhkonzert quittierte die Ansage von Ringsprecher Roman Roell – „Alexander Powetkin”.

Huck motzte noch im Ring: „Der Typ konnte nicht einmal mehr stehen und wird zum Champion erklärt”, sagte er enttäuscht. Der Herausforderers in diesem „Stallkampf” von „Sauerland Event” hatte zwar den Kampf verloren, aber die Sympathien gewonnen, von 6,3 Millionen Fernsehzuschauern.

Beim Schlussgong wankte Powetkin bedrohlich vor totaler Erschöpfung und torkelte in seine Ecke. Wenn ihm Ringrichter Luis Pabon einen Klaps auf den Rücken gegeben hätte, wäre der Olympiasieger von 2004 wohl umgefallen. Der Russe taumelte am Rande des K.o. durch den Ring – wie schon in der siebten Runde. Und wurde dennoch Punktsieger. Unentschieden wäre ein gerechtes Ergebnis gewesen.

Die Gemüter, vor allem Huck-Trainer Ulli Wegner („Der Ringrichter hat den Kampf gewonnen”), erregten sich über den Ringrichter aus Puerto Rico, weil der das tiefe Abducken Powetkins durchgehen ließ (was nach den Regeln allerdings durchaus erlaubt ist). Nicht erlaubt sind hingegen Hucks Hammerschläge von oben in den Nacken des abtauchenden Gegners.

„Marco boxte wie immer schmutzig”, sagte Powetkin, der einräumte, den Rivalen „unterschätzt” zu haben. Deswegen war er im Training faul, besaß keine Kondition und hatte mit 104 Kilo – neun mehr als Huck – Übergewicht.

Marco Huck verlangte einen Rückkampf, doch Wilfried Sauerland meint: „Marco soll noch ein paar Jahre im Cruisergewicht boxen.” Dass Huck, der gebürtige Serbe aus Bielefeld, „nur” Cruisergewichts-Weltmeister blieb, verhinderte den von der ARD verbreiteten Unfug vom ersten deutschen Schwergewichts-Weltmeister nach Max Schmeling. Mag die geschäftstüchtige World Boxing Association (WBA) Powetkin als Weltmeister führen, so sind dessen Titel und Gürtel Etikettenschwindel. Der Russe ist nur Vize-Weltmeister unter WBA-Superchampion Wladimir Klitschko

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