Svetislav Pesic: "Es ist wichtig für uns, dass Uli wieder da ist"
München Svetislav Pesic ist ein Erfolgstrainer. Der 66-Jährige gewann 1993 mit der deutschen Basketball-Nationalmannschaft den EM-Titel. Seit 2012 coacht er den FC Bayern und holte einen Meistertitel.
München - Im AZ-Interview spricht er über die Rückkehr von Hoeneß, die Hallenpläne der Bayern-Basketballer und den Abschied von Pep Guardiola. „Ich bin traurig, dass er geht“.
AZ: Herr Pesic, vergangenes Wochenende gab’s in Leipzig eine Niederlage beim Tabellenletzten. Wie lange ärgern Sie sich über so was?
SVETISLAV PESIC: Direkt nach so einer Niederlage bin ich sauer und enttäuscht. Mein Sohn Marko versucht dann, die Situation zu beruhigen. Aber es darf nicht passieren, dass wir in so ein Spiel mit dem Gedanken gehen: „Wird schon irgendwie gehen ...“ Das ist ein Spiel, das man nicht nur gewinnen, sondern richtig gewinnen sollte, also mit einer guten Leistung. Wobei: Die deutsche Mentalität ist ja: Hauptsache gewinnen!
Gewinnen ist nicht alles, hat Ihr Sohn Marko mal gesagt. Ist das auch Ihre Maxime?
Manchmal gehe ich mit einem Sieg nach Hause und weiß: „Das hat die Mannschaft nicht weitergebracht.“ Ein anderer Punkt ist: Wir spielen viel. Deshalb war diese Woche wichtig, damit wir uns gut auf die wichtigen Spiele gegen Frankfurt und Galatasaray vorbereiten können. Deswegen wäre es auch wichtig gewesen, in Leipzig zu gewinnen. Auswärts gewinnen ist immer schwierig für uns, denn wir sind der Repräsentant des FC Bayern! Die Leute sagen: „Schau mal, was die für einen tollen Bus haben!“ Die kommen, um uns verlieren zu sehen.
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Der Bau einer neuen Halle im Olympiapark liegt erst mal auf Eis. Der FC Bayern ist aus dem möglichen gemeinsamen Projekt mit Red Bull ausgestiegen und will nun den Audi Dome ausbauen, modernisieren. Wie wichtig wäre eine neue Halle gewesen?
Was die Trainingsbedingungen angeht, haben wir mehr oder weniger alles. Natürlich fehlen ein paar Dinge ...
Zum Beispiel?
Ein Regenerationsbereich. Das sind große Jungs, die sitzen oft im Flugzeug, spielen viel – das kostet Kraft. Wir improvisieren dann, fahren in die Sportschule Oberhaching, laufen dort, machen Krafttraining, gehen in die Sauna, können dort essen. Alles unter einem Dach wäre natürlich besser. Was der Audi Dome aber unbedingt braucht, ist noch mehr Komfort für die Zuschauer, denn sie stehen bei uns an allererster Stelle. Sie brauchen ein Gesamtpaket: Parkplatz, Restaurant – sich mit Freunden treffen. Ich liebe diese Halle, doch sie braucht für unsere Fans einfach noch mehr Annehmlichkeiten. Eine Stadt wie München benötigt eine moderne Halle für 10 000 bis 15 000 Zuschauer, nicht nur für Basketball und Eishockey! Der FC Bayern kann aber eigentlich nicht drei, vier Jahre warten, bis sich etwas tut.
Um all das voranzutreiben: Wie wichtig ist dabei Uli Hoeneß?
In seiner Zeit als Präsident ist eine historische Entscheidung getroffen worden: eine Profi-Basketballabteilung zu bauen. Uli Hoeneß liebt Basketball, will dieses Projekt sicherlich weiterentwickeln. Deshalb ist es für uns wichtig, dass er wieder da ist.
Haben Sie seit seiner Entlassung schon mit ihm gesprochen?
Wir haben telefoniert. Und ich hoffe natürlich, dass er den Basketball weiter unterstützt.
Wie schätzen Sie ihn ein: Steigt er wieder ein? Er ist ja noch ein bisschen jünger als Sie.
Er ist doch im besten Alter! Er wird auf jeden Fall immer irgendwie dabei sein, das denke ich schon. Und dass er ohne den FC Bayern sein kann und mag, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Sie könnten ja auch nicht ohne Basketball sein...
Das ist mein großes Problem, wenn ich mal aufhöre.
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Ihr Vertrag läuft bis Sommer 2017. Dann sind sie 67 – da geht man normalerweise in Rente.
Weiß ich noch nicht. Früher habe ich immer langfristig geplant, wollte dieses und jenes noch erleben. Aber jetzt weiß ich genau, warum ich hier bin. Es würde mich Freude, wenn man irgendwann sagt: „Es ist etwas geblieben von Pesic.“ Ich will nicht übertreiben, aber egal, wo ich Trainer war, habe ich nicht nur Titel geholt, sondern die Vereine weiterentwickelt.
Tennistrainer Niki Pilic hat mal erzählt, dass er nach dem sechsstündigen Davis-Cup-Match von Boris Becker noch mit seiner Frau telefonierte und sich am Schluss fragen lassen musste: „Niki, magst du mir nicht noch was sagen?“ Pilic sagte: „Nein, ich bin müde. Wieso fragst du?“ Darauf seine Frau: „Ich habe Geburtstag.“ Das könnte Ihnen auch passieren, oder?
Genau so ist es! Aber ich glaube, anders geht es nicht. Erfolgreich zu sein ohne die Unterstützung der Frau oder der Familie, das ist unmöglich. Wenn du etwas machst, dann richtig. Mit Pilic gibt es eine schöne Geschichte.
Erzählen Sie!
Vor Olympia 1992 in Barcelona war ich Trainer der deutschen Nationalmannschaft, Niki war Tennis-Bundestrainer. Bei einem Meeting fragte er mich nach Detlef Schrempf, der in der NBA spielte – und nicht in der Nationalmannschaft. Pilic meinte: „Schade. Wird schwer ohne ihn.“ Eine Woche später ruft er mich an und sagt: „Ich hab’ eine Idee: Nächste Woche kommt Boris zu mir. Da kommst du dazu, und wir organisieren, dass Boris Detlef anruft.“ Ich kam also „zufällig“ vorbei, und Boris sagte: „Ich will ihn anrufen!“ Boris und Detlef kannten sich aus Amerika, und Boris meinte: „Ich bin in Barcelona, und es wäre schön, wenn du auch da bist!“ So kam es, dass Schrempf für uns die Quali gespielt hat – und bei Olympia. Geschickt eingefädelt, Respekt.
Pep Guardiola konnten aber auch Sie nicht beim FC Bayern halten...
Ich bin traurig, dass er geht. Er hat mit seiner Mentalität gut zu Bayern gepasst. Er ist Katalane, sie haben einen besonderen Arbeitsethos, und den Katalanen ist München näher als Madrid. Pep ist ein sehr erfolgreicher, aber immer noch junger Trainer. Er war bisher nur in Barcelona, er will jetzt nach München wieder was Neues erleben.