Susi Erdmann zur Königssee-Katastrophe: "Es tut sehr weh"

Worte. Es gibt keine Worte. Nur noch Emotion. Pure Emotion. Trauer, Angst, Schmerz, Unglaube, Verstörtheit. Fassungslosigkeit. "Es ist doch eigentlich nur ein Bach, nicht mal ein Fluss", sagt Susi Erdmann, siebenmalige Rodel- und zweimalige Bob-Weltmeisterin der AZ angesichts der verheerenden Unwetterkatastrophe, die in Berchtesgaden die Bob- und Rodelbahn am Königssee zerstört hat.
Die Bahn, die nach sintflutartigen Regenfällen von einer Schlamm- und Gerölllawine überrollt wurde, befindet sich im Besitz des Landkreises Berchtesgaden. Thomas Schwab, Vorstandsvorsitzender des deutschen Schlittenverbandes BSD, geht von einem Schaden im "zweistelligen Millionenbereich" aus.

Susi Erdmann über Zerstörung in Berchtesgaden: "Es ist eine Tragödie"
"Das war meine Heimatbahn. Ich bin dort unzählige Male gefahren, ich kannte jede Welle. 1985 bin ich dort mein erstes Rennen bei einer Junioren-EM gefahren, 2004 habe ich am Königssee meinen letzten großen Titel bei der Bob-WM geholt", sagt Erdmann über die Bahn, die seit 1968 - als damals erste der Welt - eine Kunsteisbahn ist. "Ich bin auch Jahrgang 1968, die Kunsteisbahn ist so alt wie ich - jetzt gibt es sie nicht mehr. All das ist nichts im Vergleich zu den Verlusten, die andere Menschen hinnehmen mussten. Es ist eine unfassbare Tragödie. Dieses Unwetter hat Leben und Existenzen ausgelöscht. Aber es tut trotzdem sehr weh. Ich habe alle Leute, die ich dort kenne, kontaktiert, und meine Hilfe angeboten. Es wird eine lange, lange Zeit dauern, bis das Leben dort wieder halbwegs normal weitergeht."

Das Leben, aber auch den Bob- und Rodelsport, der dort am Königssee, wo es unter normalen Umständen so schön, so idyllisch, so friedlich ist, seine Heimat gefunden hatte. Sechs Rennrodel-Europameisterschaften, fünf Bob-EMs (zuletzt 2019) wurden dort auf der 1640 Meter langen Bahn mit 18 Kurven ausgetragen, dazu sieben Rennrodel-WMs (zuletzt Februar 2021) und fünf Bob-Weltmeisterschaften.
Ist die Bobbahn in einem Jahr wieder aufgebaut?
Gerade für die Nachwuchs-Athleten, aber auch die Sportler, die sich auf die Olympischen Spiele Anfang 2022 vorbereiten, ist die zerstörte Bahn eine sportliche Katastrophe. Vor Oktober 2022 ist mit einer Inbetriebnahme nicht zu rechnen. "Wenn dann wieder gefahren werden kann, ist alles gut", sagte Schwab.

In dieser Aussage dürfte aber sehr viel Optimismus mitschwingen. "Wenn ich die Bilder sehe, kann ich mir nicht vorstellen, dass dies in einem Jahr wieder aufgebaut ist", sagte Rodel-Rekordweltmeister Felix Loch: "Ich fürchte, dass das vielleicht eher drei oder vier Jahre dauert. Ich bin vorsichtig und gehe in so einem Fall lieber erstmal vom Schlimmeren aus."
Und Erdmann meinte: "Die gesamte Infrastruktur ist dort zerstört. Und wenn es um einen Wiederaufbau geht, wird die Bahn keine Priorität haben. Dann geht es in erster Linie darum, dass die Menschen wieder in Ruhe, Frieden und Sicherheit dort leben können."

"Ich hoffe sehr, dass wir daraus lernen"
Loch, Sohn von Bundestrainer Norbert Loch, hat selber das Rodeln "am Königssee gelernt". Die Bilder der Zerstörung, der Verwüstung haben ihn erschüttert. "Es ist unbeschreiblich, es ist unvorstellbar, dass so etwas in drei, vier Stunden zerstört wird", sagte der 31-Jährige.

Und Erdmann meinte: "Wenn man auf der Bahn war, dachte man immer, die ist für die Ewigkeit gebaut. Und dann kommt die Natur und zeigt uns Menschen deutlich, wie unwichtig, wie klein wir in Wirklichkeit sind. Ich hoffe sehr, dass wir daraus lernen. Die Corona-Pandemie war schon ein Warnschuss und jetzt offenbart uns die Natur, was wir ihr angetan haben. Aber mehr kann ich dazu nicht sagen."
Denn es gibt keine Worte mehr. Nur noch Emotion. Eben Trauer, Angst, Schmerz, Unglaube, Verstörtheit. Fassungslosigkeit.