Susanne Riesch über Schwester Maria: "Was ich da durchmache!"
Susanne Riesch hat die Spiele in Sotschi verpasst und leidet nun in der Heimat mir ihrer Schwester Maria Höfl-Riesch. Im Interview spricht sie über die Siegesparty, wie sie Maria aufbaut – und ihre Träume für 2018
AZ: Frau Riesch, in der Nacht vor dem Gold-Rennen Ihrer Schwester konnten Sie kaum schlafen.
SUSANNE RIESCH: Ganz schlecht sogar. Ich bin um 5 in der Früh aufgewacht, lange bevor der Wecker klingelte – weil ich so schrecklich aufgeregt war. Ehrlich gesagt: So nervös war ich noch nie. Zuschauen nimmt mich überhaupt viel mehr mit als selber zu fahren. Maria weiß gar nicht, was ich da durchmache.
Und wie war jetzt die Nacht danach? Hat Sie Marias Gold besser träumen lassen?
Viel besser. Ich bin mit einem überglücklichen Gefühl ins Bett gegangen. Wir waren bei uns daheim in Garmisch noch ein bisschen feiern. Spontan hat sich eine Gruppe im „Peaches“, einer Disco bei uns, getroffen. Wir haben den Abend bis ein Uhr ausklingen lassen und hatten richtig viel Spaß. Waren Ihre Eltern Monika und Sigi auch in der Disco? Ja klar, und der harte Kern von Marias Fanclub, mit dem wir gemeinsam in „Leiner's Radl-Bistro“ das Rennen geschaut haben. Wir haben nochmal alle auf die Maria angestoßen.
Hat sie sich schon gemeldet?
Ich war im Auto mit meinem Bruder Matthias auf dem Weg ins Fernsehstudio, es war so gegen fünf, Maria war gerade unterwegs zur Medal Plaza. Sie war im Stress, das Telefonat war deshalb sehr kurz. Ich hab' einfach nur gesagt, dass es der Wahnsinn war, was sie wieder geleistet hat.
Marias Trainingsläufe vor dem Rennen waren nicht so gut, Sie mussten Ihre Schwester aufbauen. Macht es das Gold für sie in den nächsten Rennen einfacher?
Auf jeden Fall. Sie war am Abend vor der Superkombination schon leicht gedrückt und etwas verunsichert. Ich hab sie dann angerufen und ihr ein bissl Mut gemacht. Und sie hat sich in der Abfahrt gut gesteigert, obwohl sie noch ein paar kleine Fehler drin hatte. Vor der Abfahrt am Mittwoch wird sie sich nochmal die Videos der Schnellsten vom Montag anschauen. Sie ist jetzt sehr zuversichtlich für die Abfahrt. Mit einer Medaille im Gepäck, vor allem einer goldenen, fährt sich‘s entspannter – halt mit weniger Druck. Wenn alles gut läuft, kann sie in der Abfahrt um die Medaillen mitkämpfen.
Maria ist 29, es sind ihre mittlerweile zweiten Spiele. Wie wichtig ist Erfahrung bei so einem Ereignis?
Man hat am Montag gesehen, dass die, die vorne waren, schon älter sind. Nicole Hosp ist Jahrgang 83, Julia Mancuso 84. Eine junge Athletin wie Lara Gut hat es nicht geschafft, ins Ziel zu kommen, sonst hätte sie vermutlich eine Medaille gewonnen. Da spielt Erfahrung eine große Rolle. Die erfahreneren Läuferinnen sind abgebrühter und können ihre Leistung besser auf den Punkt bringen als jüngere, die noch nicht so oft in einer solchen Drucksituation waren.
Dass Maria bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne getragen hat: Hat sie das beeinflusst?
Darüber habe ich mit ihr auch schon gesprochen. Sie hat gesagt, dass das den Druck für sie nicht erhöht hat. Sie hatte aus Vancouver schon zwei Goldmedaillen zuhause. Deshalb durfte sie auch die Fahne tragen, weil sie 2010 die Erfolgreichste war. Das war für sie eine Auszeichnung. Sie hat sich riesig darüber Freude und war sehr stolz.
Bei den Spielen in Vancouver, als Sie auch teilgenommen haben, waren Ihre Eltern mit an der Piste. Diesmal sind sie zuhause geblieben – und bereuen das mittlerweile.
Meine Mama wäre gerne hingefahren. Mein Papa hat gesagt, dass es zu viel Aufwand ist. Sie wären weit weg gewesen von Maria, hätten in Sotschi wohnen und jedes Mal stundenlang hin und her fahren müssen. Aber daheim mit den Freunden zu feiern, das ist ja auch schön.
Und 2018 sind Sie dann hoffentlich selbst wieder dabei. Wie schwer fällt es Ihnen, nicht teilnehmen zu können?
Ich war die vergangenen zwei Jahre viel und schwer verletzt und habe die Qualifikation für Olympia nicht mehr schaffen können. Klar habe ich es versucht, aber dafür war ich einfach zu lange weg. Mein Anspruch – und der des DOSB – wäre gewesen, dass ich, wenn ich zu Olympia fahre, um eine Medaille mitkämpfen kann. So weit bin ich aber noch nicht. Schade ist das schon, aber man muss irgendwo auch realistisch bleiben.