Susanne Riesch: Comeback nach 794 Tagen

Wenn die Hoffnung fast schon tot ist: Nach mehr als zweijähriger Verletzungspause feiert Susanne Riesch, die jüngere Schwester von Maria, am Samstag ihre Weltcup-Rückkehr in Levi.
von  T. Becker, M. Kerber
Susanne Riesch feiert ihr Comeback nach langer Verletzungspause.
Susanne Riesch feiert ihr Comeback nach langer Verletzungspause. © Rauchensteiner/AK

Levi - Wenn Maria Höfl-Riesch vom schlimmsten Tag in der Karriere ihrer kleinen Schwester erzählt, dann leidet sie auch Monate später selbst alles noch mal mit. Am 14. September 2011 stürzt Susanne Riesch im Trainingslager in Chile schwer und zerstört sich im linken Knie alles, was man zerstören kann: Kreuzband- und Meniskusriss, Bruch des Schienbeinkopfes. Wenn sie am Samstag beim Weltcup in Levi (Finnland) ihr Comeback gibt, werden 794 Tage vergangen sein. Dabei hatte sie die Hoffnung fast schon aufgegeben.

Die Hoffnung, sie starb zuletzt nicht, aber ein paar Mal war sie klinisch tot. Zum Beispiel im Februar in Haus im Ennstal. 1A heißt die Piste, auf der die DSV-Cracks für die WM im benachbarten Schladming trainierten, doch Susanne Rieschs Stimmung war dort alles andere als 1A. Erstmals seit langer Zeit fuhr die Slalom-Spezialistin wieder Stangen, aber mit Schmerzen: das operierte Knie. „Ich war am Boden", erinnert sich die 25-Jährige, „ich habe überlegt, ob das alles noch Sinn macht.”

Der Sinn kam dann per Zufall daher – im Urlaub auf Zypern, nach dem Frust-Erlebnis auf der 1A. Riesch war im selben Hotel wie Gernot Schweizer, der Esslinger Physiotherapeut von Marcel Hirscher. Man unterhält sich, und Riesch beschließt, sich in dessen Wohnort Abtenau eine Ferienwohnung zu mieten. Vier Monate lang übt sie täglich sechs Stunden. „Training, Essen, Schlafen: Mehr gab's da nicht für mich”, erzählt sie, „viele hätten das nicht geschafft. Der Gernot ist zäh.” Riesch hält durch, ihr Knie auch. „Jetzt kann ich wieder fahren, ohne dass ich mein Knie zerstöre oder mit 35 ein künstliches Gelenk brauche.”

Im Sommer stieg sie wieder ins Mannschaftstraining ein. Damen-Bundestrainer Thomas Stauffer sagt: „Sie absolviert gelegentlich etwas geringere Umfänge. Vor allem in den letzten Wochen hat sie wichtige Schritte gemacht. Sie will in Levi unbedingt zwei Läufe fahren und punkten.” Sogar von einer Olympia-Teilnahme träumt die Garmischerin. Es wären ihre zweiten Winterspiele.

„Natürlich bin ich auch etwas nervös”, gibt sie zu, „im Training lief es ganz gut. Aber ein Rennen ist noch mal etwas anderes. Dadurch, dass ich so lange nicht dabei war, werde ich wohl eine Startnummer um die 30 bekommen. Man sollte nicht zuviel erwarten.”

Susanne Riesch und die Nerven: Das ist eine längere Geschichte. Zwei Mal schaffte sie es in ihrer Weltcup-Laufbahn aufs Podium – ein schlechter Witz angesichts ihrer Möglichkeiten. Ungezählt die Rennen, in denen ihr die Nerven einen Streich spielten. Beim WM-Slalom 2007 scheidet sie ebenso im ersten Lauf aus wie 2009, als Maria erstmals Weltmeisterin wird. 2011, bei der Heim-WM in Garmisch, ist im zweiten Durchgang vorzeitig Schluss. Auch bei Olympia in Vancouver liegt sie auf Bronze-Kurs – bis zwölf Tore vor dem Ziel.

Vorbei. Am Samstag beginnt eine neue Karriere. Eine, die fast nur besser werden kann. „Sie hat eine ganz schwere Zeit hinter sich”, sagt Schwester Maria, „zwischenzeitlich sah es ja so aus, dass sie nie wieder zurück kommt. Sie muss jetzt Geduld haben, wenn’s am Anfang nicht so läuft. Teilweise sieht es schon ganz gut aus. Aber eins ist klar: Das Knie wird nie wieder, wie es mal war.”

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