Stuck über Vettel: "Mit dieser Karriere war nicht zu rechnen!"

Vor fünf Jahren gewann Vettel sein erstes Rennen – in Monza. Seither ist nichts mehr so, wie es einmal war. Jetzt kehrt er zurück.
von  Ralf Loweg

Monza - Als Sebastian Vettel vor fünf Jahren nach Monza kam, da durfte er zunächst einmal nicht ins Fahrerlager. Ein übereifriger Ordner hatte ihn vor dem Rennen nicht erkannt und monierte den VIP-Ausweis des damals 21-Jährigen. Nach kurzer Zeit hatte sich dann alles aufgeklärt. Vettel nahm die Panne gelassen. Mit leichtem Grinsen im Lausbubengesicht gab er dem Mann zum Abschied ein Autogramm. Diese Unterschrift war nach dem Wochenende viel wert.

Erst raste Vettel am Samstag auf seine erste Pole Position, dann feierte er tags darauf im technisch unterlegenen Toro Rosso völlig überraschend seinen ersten Formel-1-Sieg – auch dank des Regens. „Das war gigantisch. Ein Geniestreich seines Teams, denn die haben das Auto von Anfang an auf Regen abgestimmt“, sagt die deutsche Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck (62) im AZ-Gespräch.

Dass da ein kommender Weltmeister fährt, daran hat aber auch Stuck nicht gedacht: „Dass Sebastian ein super Fahrer ist, das wussten wir alle. Dass er aber so eine Karriere hinlegt, damit war wirklich nicht zu rechnen.“ Es war damals erst sein 22. Rennen. Nach der Saison wurde er ins A-Team von Red Bull befördert. Inzwischen hat der der 26-Jährige 112 Grand Prix auf dem Buckel, 31 Siege eingefahren, 39 Pole Positions erobert – und steht kurz vor dem Gewinn seiner vierten Weltmeisterschaft.

Doch noch heute bekommt Vettel Herzklopfen, wenn er an seinen ersten Sieg denkt. „Es gibt keinen besseren Ort dafür. Wenn du da oben auf dem Siegerpodest stehst und dir Tausende begeisterte Tifosi zujubeln – dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Ich hatte eine Gänsehaut“, sagt Vettel. Heute muss er sich (im Gegensatz zu früher) schon einige Tricks einfallen lassen, um unbehelligt ins Fahrerlager von Monza zu kommen.

Vielleicht macht er es ja wie einst Michael Schumacher, setzt sich eine Perücke auf und klebt sich einen Bart an. Oder wie Kimi Räikkönen. Der Iceman ließ sich zu seinen Ferrari-Zeiten oft im engen Kofferraum eines Teamautos von der Strecke ins Hotel chauffieren. Diesmal kann Vettel mit einem weiteren Monza-Sieg für die Vorentscheidung im Titelrennen sorgen und damit die Hoffnungen der Tifosi endgültig zerstören. Der Weltmeister hat bereits 46 Punkte Vorsprung auf Ferrari-Star Fernando Alonso. „Sebastian darf in Monza eigentlich nicht gewinnen, sonst ist der Zug abgefahren“, sagt der frühere Formel-1-Pilot und heutige Sky-Experte Marc Surer.

Doch so recht glaubt der Schweizer daran nicht: „Der Vettel hat in Monza schon mit dem langsamsten Auto auf der Gerade gewonnen.“ Wenn Vettel also nicht noch eine außergewöhnliche Pechsträhne haben sollte, wird ihm der vierte WM-Titel in Folge kaum noch zu nehmen sein. Danach kann er sich auf die Jagd nach Schumachers Bestmarken machen, die noch vor wenigen Jahren als unantastbar galten. Doch selbst Schumi glaubt inzwischen daran, dass ihn „Super Seb“ übertrumpfen kann. „Rekorde sind da, um gebrochen zu werden – das habe ich ja auch gemacht“, sagt Schumacher.

Und wenn es schon jemandem gelingen sollte, dann seinem ehemaligen Kumpel Vettel: „Er hat schon drei Titel, also warum sollte er nicht sieben schaffen?“ Der frühere Tourenwagen-König Klaus Ludwig (63) macht sogar noch eine ganz andere Rechnung auf: „Sebastian fährt noch zehn Jahre Formel 1. Selbst bei einer Titel-Erfolgsquote von nur 50 Prozent wäre er am Ende neun Mal Weltmeister. Klingt irgendwie plausibel.

 

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