Stuck rät Red Bull: Holt Kimi!

Die bayerische Motorsport-Legende über den Nürburgring, Bernie Ecclestone, lebenslustige Piloten und warum Red Bull sich Räikkönen schnappen soll.
von  Interview: Ralf Loweg

Die bayerische Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck über den Nürburgring, Bernie Ecclestone und lebenslustige Piloten

AZ: Herr Stuck, kein Geld, keine Zukunft? Sehen die Fans am Sonntag das letzte Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring?

HANS-JOACHIM STUCK: Nein, absolut nicht. Wenn erst einmal geregelt ist, von wem und wie der Nürburgring geführt wird, dann ist völlig klar, dass auf der traditionsreichsten Strecke Deutschlands auch wieder ein Formel-1-Rennen stattfinden wird.

Ohne das Entgegenkommen von Bernie Ecclestone hätte es das Rennen am Wochenende aber nicht gegeben (der Formel-1-Vermarkter erließ der insolventen Nürburgring GmbH die Einschreibgebühr in zweistelliger Millionenhöhe, die Red.). Ist der Formel-1-Boss doch nicht so geldgierig wie immer behauptet wird?

Als DMSB-Präsident war ich in dieses Thema ja auch involviert. Und in der jetzigen Situation muss man dem Bernie ein großes Dankeschön aussprechen, weil er auf einen großen Geldbetrag verzichtet hat.

Es gab sogar mal zwei Formel-1-Rennen pro Jahr in Deutschland. Sind diese Zeiten endgültig vorbei?

Ja. Ein Formel-1-Rennen pro Jahr reicht völlig. Man muss auch an die Kosten der Zuschauer denken. Ich weiß nicht, ob jede Familie, die ein Formel-1-Rennen live sehen möchte, das Geld aufbringen kann. Ich finde die Rotation mit Hockenheim super.

In Silverstone gab es Reifenplatzer am laufenden Band, die Fahrer spielten bei Tempo 300 mit ihrem Leben. Was läuft da im Moment falsch?

Oh, das ist ein sehr komplexes Thema. Inzwischen sind ja einige ganz brisante Sachen rausgekommen. Einige Teams haben da offenbar mit verschiedenen Luftdrücken gearbeitet. Und mir ist zu Ohren gekommen, dass Teams die Laufrichtung verändert haben. Da wurden Hinterreifen von rechts nach links gesteckt.

Wie groß ist die Schuld von Reifenhersteller Pirelli?

Ich erwarte von einem Hersteller, dass er den Fahrern einen Reifen hinstellt, der unter allen Bedingungen funktioniert. Es gibt ja bei den Reifen auch keinen Konkurrenzkampf mehr in der Formel 1. Ich kann nur hoffen, dass es auf dem Nürburgring kein weiteres Desaster gibt.

Drei Titel in Serie hat Sebastian Vettel eingefahren. Und jetzt führt er kurz vor Halbzeit schon wieder. Ist er ein Ausnahmefahrer wie Senna oder Schumacher?

Wenn er den vierten Titel holt, wäre das eine Ausnahmeleistung. Bei Red Bull ist es das gesamte Paket. Das fängt beim genialen Konstrukteur Adrian Newey an und hört beim Fahrer auf. So wie früher Ferrari zu Schumachers Zeiten sind sie in der Lage, immer noch mal nachzulegen.

Wer ist Vettels schärfster Rivale?

Wenn Ferrari Alonso ein Siegerauto hinstellt, kann der richtig zur Attacke blasen. Auch Räikkönen, Webber und Hamilton darf man nicht abschreiben.

Stichwort Kimi Räikkönen. Wird der „Iceman” 2014 Vettels neuer Teamkollege?

Ich würde ganz klar auf Räikkönen setzen. Da weiß man, was man hat. Kimi ist ultraschnell, aber er ist auch nicht unkompliziert. Kimi wäre auch für Vettel ganz gut. Er wäre noch mehr auf Augenhöhe als Webber und würde ihm ordentlich Dampf machen. Ein so sauschneller Teamkollege würde Vettel sicher noch einmal beflügeln.

Räikkönen sorgt aber auch mit Alkohol-Eskapaden für Schlagzeilen …

Kimi ist ein Renntier, aber auf seine Art. Dass die Nordlichter mal einen über den Durst trinken, das sei ihnen zugestanden. Und wenn er weiß, wann und wo er das machen kann, ist ihm auch keiner böse. Er muss nur ab Freitagmorgen fit auf der Matte stehen.

Der Lebenswandel scheint keinen Einfluss auf Räikkönens Leistung zu haben …

Im Gegenteil. Sein Comeback ist genial. Das hätte ich ihm nie zugetraut. Ich bin froh, dass es einen wie Kimi noch gibt. Er ist die richtige Antwort auf die smarten und jederzeit gestylten Rennfahrer.

Gibt es noch einen Fahrer, den Sie so ins Herz geschlossen haben?

Wir dürfen Nico Rosberg nicht vergessen. Der hat bisher einen super Job gemacht. Als er den Schumi gebügelt hat, da hat jeder nur gesagt: ’Na ja, den alten Herren!’ Jetzt zeigt er auch dem Hamilton, wo es langgeht. Für mich ist Rosberg die Nummer eins bei Mercedes.

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