Streit um Haugs Hymne

Mercedes-Motorsportchef lobt Lewis Hamilton in höchsten Tönen, doch Formel-1-Experten fragen sich, ob dies dem jungen Piloten wirklich hilft
von  Abendzeitung
Grüßt er bald als Weltmeister? Lewis Hamilton.
Grüßt er bald als Weltmeister? Lewis Hamilton. © dpa

SHANGHAI - Mercedes-Motorsportchef lobt Lewis Hamilton in höchsten Tönen, doch Formel-1-Experten fragen sich, ob dies dem jungen Piloten wirklich hilft

Natürlich muss Norbert Haug seine Fahrer in der Öffentlichkeit verteidigen. Vor allem, wenn einer seiner Fahrer am Wochenende den ersten Weltmeistertitel für das Team seit neun Jahren einfahren kann. Es liegt also in der Natur der Sache, wenn der Mercedes-Motorsportchef seinen Piloten Lewis Hamilton in höchsten Tönen lobt. Kritisiert haben den 23-Jährigen ja schon genügend andere. „Ich dachte, er wäre intelligenter geworden im Vergleich zum letzten Jahr", hatte etwa Formel-1-Legende Niki Lauda gesagt, nachdem Hamilton nach einem zu forschen Manöver sein Rennen im Prinzip schon am Start weggeschmissen hatte. Hamilton blieb ohne Punkte, verkleinerte seinen Vorsprung auf Felipe Massa auf fünf Punkte. Man kann es also auch als Seelenmassage für Hamilton verstehen, wenn Haug ihn dieser Tage in Shanghai lobt, wenn er sagt, dass „Lewis ein großartiger Racer ist“, wenn er mantragleich betont, dass "Lewis erst 33 Rennen hinter sich hat und kein anderer Fahrer in diesen 33 Rennen so viele Punkte geholt hat wie er."

Aber da ist noch mehr. Fast scheint es, dass Haug, dieser bisweilen bärbeißig wirkende Schwabe wirklich zum Fan Hamiltons geworden ist. „Lewis hat in Fuji am Start keinen großen Fehler gemacht", sagt er. Außerdem habe er mit einer schleifenden Kupplung zu kämpfen gehabt. Dass Hamilton sich darüber nie beschwert hätte, spräche doch für ihn. Also werde es auch keine Standpauke geben.

Ob Hamilton die grenzenlose Zuneigung seines Edelfans Haug wirklich hilft, bezweifelt nicht nur Flavio Briatore. „Er braucht jemanden, der ihm sagt, dass er nur ein Formel-1-Fahrer ist und nicht vom Mars kommt“, sagte der Renault-Teamchef. „Er ist sehr jung ins kalte Wasser geworfen worden und man sagt ihm seit vielen Jahren, dass er in der Welt der Beste ist. Irgendwann glaubt man das dann selbst", sagt auch Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve. Und das könne leicht zu Selbstüberschätzung führen. Sogar Formel-1-Impressario Bernie Ecclestone scheint sich um den Musterschüler Hamilton zu sorgen: „Nach außen wirkt er ein bisschen arrogant. Ich glaube eher, dass er zuviel an Selbstvertrauen hat, und das irritiert die anderen Fahrer."

Filippo Cataldo

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