Stierkampf bei Red Bull

Vettel scheidet nach einer Kollision mit seinem Teamkollegen Webber aus. Der wird Dritter – und bekommt die Schuld zugeschoben.
von  Abendzeitung
Sebastian Vettel war ziemlich angefressen nach seinem Crash mit dem Teamkollegen.
Sebastian Vettel war ziemlich angefressen nach seinem Crash mit dem Teamkollegen. © dpa

Vettel scheidet nach einer Kollision mit seinem Teamkollegen Webber aus. Der wird Dritter – und bekommt die Schuld zugeschoben.

ISTANBUL Sebastian Vettel musste es probieren. Er will schließlich Weltmeister werden. Da wollte, da konnte er nicht zulassen, dass ausgerechnet sein Teamkollege Mark Webber ihn zum dritten Mal in Serie besiegt. Es ging um die Vorherrschaft in der Formel 1, es ging darum, jedem im Rennstall zu beweisen, dass er, der hochtalentierte Emporkömmling aus Heppenheim, im Titelkampf die volle Unterstützung verdient.

Und so setzte Vettel seinen Red Bull in der 41. Runde des Großen Preises der Türkei in Istanbul auf der Geraden direkt hinter den Boliden seines Teamkollegen Mark Webber. Als Vettels Auto, von ihm „Randy Mandy“ (scharfe Mandy) genannt, fast in Webbers Getriebe steckte, verließ Vettel die Ideallinie, setzte zum Überholen an, setzte sich neben Webber. Und als alle dachten, dass dies ein Überholmanöver zum Zungeschnalzen werden würde, verlor Vettel endgültig seine Unschuld in der Formel 1: Er geriet mit seinem Teamgefährten aneinander. Und wie!

Bei mehr als 300 Stundenkilometern berührte Vettels rechter Hinterreifen Webbers linken Vorderreifen. Ein Schreckensmoment. Vettel drehte sich ins Aus – und sorgte so für den ersten ernsten Knatsch in seinem Rennstall.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner, ein sonst ehr distinguierter, zurückhaltender Brite, war not amused. Horner schüttelte heftig den Kopf. Noch weniger dürfte ihm Vettels erste Reaktion gefallen haben. Denn der war stinksauer, als er nach dem Ausscheiden aus seinem havarierten Boliden stieg. Sein rechter Zeigefinger ging zum Kopf hoch, drehte sich dann einige Male im Kreis – als wolle er zeigen, dass sein Stallgefährte und Unfallgegner durchgedreht sei.

Webber bekam davon gar nichts mehr mit. Der Australier, der das Rennen 40 Runden lang angeführt und sich souverän den immer ungeduldiger werdenden Attacken von Vettel und Lewis Hamilton im McLaren erwehrt hatte, konnte weiterfahren. Er landete auf Rang drei – hinter den McLaren-Piloten Lewis Hamilton und Jenson Button, die vom internen Stierkampf bei Red Bull profitierten.

Webber sagte später: „Wir waren beide sehr schnell. Ich glaube, Sebastian ist ein bisschen zu früh nach rechts gefahren. Aber das ging so schnell. Fürs Team ist das natürlich sehr, sehr schade. Aber so etwas kann leider passieren.“ Entschuldigen wollte er sich nicht.

Vettel auch nicht. Lieber betrieb der Deutsche Imagepflege in eigener Sache. Schon fünf Minuten nach dem Crash – das Rennen lief noch – trat er vor die Mikrofone: „Es tut mir leid, ich habe mein Auto verloren. Aber er (Webber, d. Red.) hätte mir auch etwas Platz lassen können.“

So sahen das auch andere bei Red Bull. Teamchef Horner schlug sich nach Studium der Unfallbilder auf Vettels Seite. Er sagte: „Sebastian war schneller. Er hat Mark Platz gelassen, Mark ihm nicht.“

Auch Red-Bull-Berater Helmut Marko gab Webber die Schuld am Crash. "Sebastian war klar schneller. Webber war deutlich mitgeteilt worden, dass er ihn nicht würde halten können. Da ist offenbar in der Kommunikation zwischen Renningenieur und Fahrer etwas nicht richtig angekommen." Heißt: Red Bull ist der Meinung, dass Webber Vettel hätte vorbei lassen müssen.

Webber dürfte noch Ärger im eigenen Rennstall drohen. Immerhin: Er bleibt dank seines dritten Platzes Führender in der WM-Wertung.

fil

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.