Steinig, speckig - schön!

AZ-Reporter stellen ihre schönsten Touren vor. Heute: Der Grünstein–Klettersteig über dem Königssee und unter dem Watzmann – eine Halbtagesroute perfekt zum Saisoneinstieg
von  Julian Galinski
Auf der Seilbrücke am Grünstein-Klettersteig.
Auf der Seilbrücke am Grünstein-Klettersteig. © Eva Lang

Neue Serie: AZ-Reporter stellen ihre schönsten Touren vor. Heute: Der Grünstein–Klettersteig über dem Königssee und unter dem Watzmann – eine Halbtagesroute perfekt zum Saisoneinstieg

Der Zustieg zum Klettersteig ist schön und schrecklich zugleich: Weil die Vorfreude auf den Fels groß ist – und der Weg dorthin oft zäh und lang scheint. Da fühlen sich selbst die gut 30 Minuten, die wir vom Parkplatz am Königssee zum Fuß der Grünstein-Felswand wie eine kleine Ewigkeit an. Schließlich ist es der erste Klettersteig der Saison.


Am Anseilplatz angekommen, haben wir die Wahl zwischen drei Routen: Schwer, sehr schwer und sehr, sehr schwer. Wir sind uns einig: Schwer (Schwierigkeitsgrad C auf der Skala von A bis E) reicht zu dieser Jahreszeit vollkommen aus.


Die ersten Tritte im Fels fühlen sich auch ohne Überhänge grandios an: Der Pfeiler ist steil genug, um das Herz ein bisschen schneller schlagen zu lassen – ist aber vorbildlich versichert und mit überschaubarem Kraftaufwand zu bewältigen.


Die Zugänglichkeit hat aber auch ihren Preis: An manchen Stellen ist der Fels schon sehr speckig getreten – man versichert sich lieber zweimal, ob die Stufe, auf der man sich gleich nach oben drücken möchte, auch wirklich hält. Der Fels ist zudem recht bröselig geworden – vor uns steigt ein Vater mit seiner Tochter auf, ständig rieselt es auf den Helm. Meistens ist es nur Sand, ab und zu zischen auch kleinere Steine vorbei. Nicht ungefährlich!


Eine Seilbrücke etwa nach einem Drittel des Steigs vereint alle Routen. Wir posieren für ein Foto auf der ziemlich wackligen Konstruktion aus Holz und Metall die derweil zuckelt und wippt – Abenteuerspielplatz für Erwachsene.


Danach quert die Route weit weniger steinig und speckig die Wand entlang. Jetzt bleibt auch Zeit und Ruhe, sich umzudrehen und zum immer noch weiß strahlenden Watzmann aufzuschauen. Ein luftiger Spreizschritt folgt, ein kleiner Überhang der allerdings mit Klammern komplett entschärft wurde – und dann geht es noch etwa 20 Minuten auf dem Grat überschaubar schwierig zum Gipfel des Grünsteins.


Was wir nicht bedacht haben: Dass auch ein Wanderweg dorthin führt. Aus der geplanten Einsamkeit wird überhaupt nichts, der Gipfelgrat ist geradezu überfüllt. Erst nach Wartezeit erwischen wir eine freie Bank, lassen den Blick vom Jenner bis zum Watzmann schweifen – und freuen uns schon wieder auf den nächsten Klettersteig.


Ausgangsort: Schönau am Königssee, 560 m.
Zustieg: 30 bis 45 Minuten
Klettersteig: Drei Einstiegsvarianten (C, D/E, D/E), etwa 2,5 Stunden.
Gipfel: Grünstein, 1304 m.
Einkehrmöglichkeit: Grünstein-Haus, 1202 m.
Gesamtlänge der Tour: Rund 5 Stunden.
Ausrüstung: Klettersteigset, Klettergurt, Helm, feste Bergschuhe.

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