Steiners schwerer Gang

In Heidelberg begann der Prozessbeginn um den Unfalltod seiner Frau. Der Olympiasieger kämpfte zu Beginn der Verhandlung mit den Tränen.
HEIDELBERG Angespannt saß Matthias Steiner im Verhandlungssaal, immer wieder musste er mit den Tränen kämpfen. Im Amtsgericht Heidelberg begann gestern der Prozess um den tödlichen Verkehrsunfall von Steiners Ehefrau, reden wollte der Olympiasieger wenig, nur in einem Radio-Interview mit einem Lokalsender hatte er vorab gesagt: „Es geht mir nicht um Genugtuung. Ich möchte einfach persönlich dabei sein, um zu wissen, was geschehen ist.“
Nach seinem Gold-Triumph von Peking hatte der Gewichtheber das Foto seiner verstorbenen Frau bei der Siegerehrung geküsst und in die Kamera gehalten, doch warum seine Susann sterben musste, wird der Gewichtheber womöglich niemals erfahren. Denn Antworten blieb der Verursacher gestern schuldig.
Der 57-jährige Franz G. aus dem Rhein-Neckar-Kreis war mit seinem Jeep Cherokee Geländewagen auf der B3 in der Nähe von Heidelberg auf die Gegenfahrbahn geraten und frontal mit dem Nissan Micra von Susann Steiner zusammengestoßen. Die 22-Jährige musste von der Feuerwehr aus ihrem Wrack befreit werden, sieben Stunden nach dem Unfall starb sie an ihren inneren Verletzungen.
„Der Jeep tauchte aus dem Nichts auf“, sagte ein Unfallzeuge gestern, dessen eigenes Auto nur knapp verfehlt wurde. Unklar ist, ob Franz G. damals bewusstlos wurde und deshalb die Kontrolle über seinen Wagen verlor. Der Lagerist war weder betrunken noch deutlich zu schnell. Nach Angaben eines Sachverständigen war das Tempo von etwa 90 km/h - erlaubt war 70 - nicht Ursache für den Unfall. Allerdings erklärte ein Rechtsmediziner gestern, Susann Steiner hätte den Unfall bei geringerer Aufprallgeschwindigkeit überleben können.
Aussagen zum Hergang machte G. gestern nicht. Zur Enttäuschung von Steiner und seinem Anwalt Oliver Oeser. „Es geht nicht um irgendein Strafmaß“, sagte Oeser gestern, „er möchte den Tod seiner Frau verarbeiten und wissen, was sich damals zugetragen hat.“ Oeser sagte außerdem, dass sich G. bei Steiner bisher noch nicht entschuldigt habe.
Doch genau da widersprach der Angeklagte, das einzige Mal, dass er gestern sein Schweigen brach. Er habe nicht mit Steiner gesprochen, ihm aber einen Brief geschrieben. „Darin habe ich ausgedrückt, dass es mir unheimlich leid tut und ich nicht wüsste, wie es zu dem Unfall gekommen ist“, sagte er.
Steiner habe ein Gespräch führen wollen, aber nur im Beisein eines Boulevard-Journalisten. „Das habe ich abgelehnt“, sagte der Angeklagte. Dazu meinte Steiner nur, es könne sein, dass eine Boulevard-Zeitung den Vorschlag gemacht habe, „aber der Vorschlag kam nicht von mir.“
Der Staatsanwalt forderte gestern eine Bewährungsstrafe und einen sechsmonatigen Entzug des Führerscheins. Auch Anwalt Oeser rechnet aber mit einer Bewährungs- oder einer Geldstrafe.
Die Verhandlung wird am 3. Dezember fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil fallen.