Steiner seine tote Frau nun ruhen lassen: "Alles gesagt"

Der Olympiasieger der Gewichtheber veröffentlicht seine Biographie, die er als Katharsis sieht. "Für mich ist das hier der Abschluss. Jetzt fängt das Leben wieder neu an.“
von  Abendzeitung
Olympiasieger Matthias Steiner bei der Siegerehrung in Peking.
Olympiasieger Matthias Steiner bei der Siegerehrung in Peking. © dpa

HEIDELBERG - Der Olympiasieger der Gewichtheber veröffentlicht seine Biographie, die er als Katharsis sieht. "Für mich ist das hier der Abschluss. Jetzt fängt das Leben wieder neu an.“

Matthias Steiner hat den Bambi hochgehalten, Arnold Schwarzenegger seine Goldmedaille gezeigt und Keanu Reeves kennengelernt. Er durfte sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Horst Köhler gratulieren lassen, ist „Sportler des Jahres“ geworden und von Fernsehshow zu Fernsehshow gereicht worden. Immer war dann jene Szene von den Olympischen Spielen in Peking eingeblendet, als der Gewichtheber bei der Siegerehrung das Foto seiner verstorbenen Frau Susann hochhält. „Ich mag' nicht immer darüber reden, nicht immer das Gleiche erzählen“, sagt der 27-Jährige in einem dpa- Gespräch bei der Frankfurter Buchmesse und legt die Hand fest auf seine Biografie: „Für mich ist das hier der Abschluss. Jetzt fängt das Leben wieder neu an.“

Unzählige Male sei er nach seinem Triumph 2008 interviewt worden, schreibt Steiner im Vorwort zu „Das Leben erfolgreich stemmen“, „und doch war ich voller Antworten, zu denen mir kein Journalisten die entsprechenden Fragen stellte“. So erzählte er vier Monate lang den beiden Autoren Kapitel für Kapitel – von seinen sportlichen Anfängen, seinem Wechsel von Österreich nach Deutschland, vom tragischen Tod seiner Susann, von seiner Diabetes-Erkrankung, seinem Olympiasieg in Peking, von seinen vielen öffentlichen Auftritten und seiner neuen Liebe. Das 276-Seiten-Werk beschreibt – anrührend, offen und manchmal verstörend – die Geschichte eines Menschen, die nicht nur die Sportwelt bewegt hat. „Ein komisches Gefühl, ein Buch über einen selbst vor sich liegen zu haben“, sagt Steiner. „Aber es war wichtig, das alles auf diese Weise zu verarbeiten.“ Jetzt, sagt er, will er „etwas Neues“ schaffen. Ein Tapetenwechsel gehört dazu: Steiner ist von Leimen in die Heidelberger Altstadt gezogen, die Goldmedaille liegt da übrigens im feuerfesten Safe. Im Dezember zieht seine Freundin ein, die zwölf Jahre ältere Fernsehmoderatorin Inge Posmyk. Im März soll der gemeinsame Nachwuchs zur Welt kommen. „Das Kind war geplant, wir haben es gewollt.“ Auch eine Hochzeit ist vorgesehen, „wir wissen nur noch nicht, wo, wann wie.“

In seinem Buch schreibt Steiner: „Ich war rund eineinhalb Jahre Witwer gewesen, und ich bin heilfroh, dass ich in der Lage war, mich wieder Hals über Kopf zu verlieben. Inge hat Verständnis dafür, dass Susann immer in meinem Herzen sein wird, aber sie weiß auch, dass ich sie genauso liebe.“ In den Schlusszeilen dankt er Susann („Du bleibst mir unvergessen“) und Inge: „Durch dich habe ich wieder begonnen, richtig zu leben.“ Nicht nur die neue Liebe bestimmt derzeit das Leben Steiners, sondern endlich auch wieder der sportliche Alltag. Eine Leistenoperation im Januar warf den „Weltgewichtheber“ weit zurück. Doch zuletzt hat er im Trainingslager auf Teneriffa ordentlich „Eisen gefressen“, bis zu 100 Tonnen in der Woche gehoben. Schließlich steht am Wochenende in Ladenburg die deutsche Meisterschaft an und Mitte November in Goyang/Südkorea die WM. „Momentan bin ich ein bisschen müde“, sagt Steiner und nippt am Kaffee. „Aber ich möchte bei der WM eine Medaille, das ist mein Ziel.“

Motivationsprobleme? Der starke Mann im schwarzen Pulli und in der blauen Jeans schüttelt heftig den Kopf. „Ich habe in Deutschland doch gerade erst losgelegt. Jetzt macht's richtig Spaß, das Umfeld ist optimal. Ein Schlaraffenland“, erzählt er und schwärmt von extra abgemessenen Wettkampfschuhen, von fleißigen Physiotherapeuten und perfekt organisierten Trainingslagern. „Jetzt“, sagt er, „muss ich was Neues schaffen. Das ist doch die Herausforderung.“

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