Steht Maria wieder auf?
Vom Fieber geschwächt, kämpft sich Topfavoritin Riesch durch die Kombination – und wird Elfte. Am Sonntag in der WM-Abfahrt will sie wieder glänzen. Die AZ beantwortet alle wichtigen Fragen
Garmisch-Partenkirchen - Nach der Zieleinfahrt bei der Abfahrt der Super-Kombination wollte Maria Riesch, Deutschlands große Medaillenhoffnung, auf die Anzeigentafel schauen. Doch ihr fehlte die Kraft. Es fehlte ihr sogar die Kraft, um auf den Skiern zu bleiben. Die Doppelolympiasiegerin stürzte, blieb entkräftet im Schner liegen.
Erst nach einer gefühlten halben Ewigkeit, während der sie auf dem Bauch liegend, den Kopf in den Schnee gedrückt nach Atem rang, fand sie die Kräfte wieder. Vom frenetischen Jubel ihrer Fans aufgepeitscht, stand Riesch auf, winkte ins Publikum. Sie, die auf die Frage nach ihrer größten Chance auf Gold vor der WM gesagt hatte: „Wahrscheinlich die Kombi.“
Am Ende, nach dem Slalom, reichte es für die durch eine Virus-Grippe geschwächte Topfavoritin – beim Sieg der Österreicherin Anna Fenninger – nur für Platz elf. Noch im Zielraum wurde sie von ihrem Berater und künftigen Gatten Marcus Höfl, dem Kaiser-Berater, getröstet. Höfl hatte am Freitag sogar seinen prominentesten Klienten im Schlepptau. „Da kann man nur den Hut ziehen“, meinte Franz Beckenbauer über Rieschs Durchhaltevermögen. Sie selbst meinte: „Mehr war nicht drin.“ Am Sonntag (11 Uhr, ZDf live) bei der Abfahrt will sie jedoch wieder angreifen.
Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Rieschs Erkrankung:
Warum startete Maria überhaupt? Riesch fühlte sich sehr schlapp, hatte noch zwei Tage vor dem Rennen 39,8 Grad Fieber. „Mir geht es nicht wirklich gut, aber ich musste einfach fahren – das ist meine Heim-WM“, sagte Riesch. Und Hilde Gerg, die Olympiasiegerin von 1998 und Weltmeisterin 2005, meinte: „Im Nachhinein hätten ihr vielleicht zwei Tage im Bett besser getan. Aber daheim rumzusitzen und zu sehen, wie die anderen den Gudiberg runterfahren, das geht halt nicht.“
Wie enttäuscht ist Maria? „Das ganze Jahr hat man nichts und dann ausgerechnet bei der Heim-WM, der WM vor der eigenen Haustür, da erwischt es einen. Ich könnte mich unendlich ärgern“, sagte Riesch nach der Kombi: „Zum Glück habe ich schon eine Medaille. Die Atmosphäre war toll, so hat es mir am Ende doch noch Spaß gemacht.“
Wie schnell steht Riesch wieder auf? Statt in den Kurpark zur Medaillenvergabeging Riesch direkt vom Gudiberg nach Hause. „Ich schaue, dass ich ins Bett komme“, sagte sie, „ich muss jetzt sehr viel trinken“. Ihren Optimismus hat sie jedenfalls nicht verloren. „Normalerweise regeneriere ich schnell“, meinte sie. Da das letzte Abfahrtstraining, geplant für Samstag, abgesagt wurde, hat sie sogar einen weiteren Erholungstag. „Ich hoffe, dass ich am Sonntag wieder ein bisschen mehr Punch habe“, meinte Riesch.
Was sagt der Sport-Mediziner: Ist ein Start am Sonntag überhaupt sinnvoll? „Das ist sehr schwer zu sagen. Die Entscheidung muss in letzter Instanz der Athlet selber treffen. Der Arzt greift nur ein, wenn wirklich die Gesundheit gefährdet wäre. Durch eine Grippe verliert man automatisch fünf bis zehn Prozent seiner Leistungsfähigkeit“, sagt Dr. Helmut Pabst, der Präsident des Bayerischen Sportärzteverbandes, „wenn es nicht gerade um eine WM gehen würde, hätte ich eher geraten, nicht zu starten.“
Warum ist Riesch nicht, wie ihre Konkurrentin Lindsey Vonn, nach der Abfahrt ausgestiegen, als der Rückstand schon sehr groß war? „Ich hab’s halt einfach versucht“, sagte Riesch am Freitag, „ich habe die Fans gesehen und auch gehört. Ich wollte einfach alles geben. Manchmal trägt einen ja das Adrenalin richtig nach vorne.“
Was kann Riesch tun, um bis Sonntag wieder zu Kräften zu kommen? „Infusionen bringen nicht viel. Die Flüssigkeit muss schließlich nicht ins Blut, sondern die Zelle, daher sollte sie trinken, trinken, trinken“, sagt Pabst. Zudem wird Riesch Vitamin-Cocktails erhalten. Doch bei anderen Mitteln ist Vorsicht geboten: Aufgrund der Dopingbestimmungen sind viele Grippemittel, die für Nicht-Spitzensportler hilfreich sind, für Spitzensportler tabu. „Zum Glück gibt es eine Liste mit Mitteln, die aus Dopingesichtspunkten unbedenklich sind“, sagt Pabst.
Sind Spitzensportler grundsätzlich anfälliger für Infektionskrankheiten? Ja. Mit steigenden körperlichen Belastungen steigt auch die Anfälligkeit dafür, sich einen Erreger einzufangen. Pabst sagt: „Bei Spitzensportlern ist das Immunsystem unter einer Art Dauerstress. Wenn der Überhand nimmt, kommt es zu einer Blockade der Regeneration, das ist eine Art Hilfeschrei des Körpers.“