Manfred Schwabl: "Alles auf den Prüfstand"

AZ: Herr Schwabl, Sie kommen gerade aus Berlin, wo beim Innenminister ein Kongress gegen Gewalt im Stadion stattfand. Was genau wurde dort besprochen?
MANFRED SCHWABL: Die Frage war: Wie wollen die Vereine das lösen? Der Fußball ist vor allem in der ersten Liga zum gesellschaftlichen Ereignis, das nur durch einige wenige gestört wird. Aber nur mit Sanktionen kann man das Problem nicht lösen. Stehplätze verbieten? Die gehören zum Fußball. Wenn man sich Dortmund ohne die schwarz-gelbe Wand vorstellt: Das geht ja gar nicht. Bei uns gibt's solche Probleme zum Glück gar nicht.
Seit drei Wochen sind Sie Präsidenten der SpVgg Unterhaching – was hat sich geändert in der täglichen Arbeit?
Die Verantwortung ist größer. Und unsere Situation ist finanziell zurzeit nicht besonders. Aber es wurde uns vom alten Präsidium auch noch lange kein Scherbenhaufen hinterlassen. Für mich als Typ hat sich nichts geändert. Aber es war ganz interessant: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ist gleich auf mich zugekommen: „Hey Manni, Präsident und Krawatte, das gibt’s doch gar nicht.” Ob das jetzt ein Horst Heldt, Bruno Labbadia oder ein Michael Zorc ist mit denen ich telefoniere, das ist meine Generation. Da hoffe ich, dass es ein Vorteil wird, ein gutes Netzwerk zu haben
Gute Netzwerke sind das Eine, jetzt müssen aber Sponsoren her...
Wir hatten beim Spiel gegen die Bayern einen Brustsponsor, da entwickelt sich vielleicht was. Ich mache mir den Druck, dass wir bis Ende August einen neuen Sponsor präsentieren. Wir müssen Sponsoren das Gefühl geben, dass eine langfristige Partnerschaft gewünscht ist. Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir hoch erhobenen Hauptes rumlaufen können.
Wie weit würden Sie gehen für frisches Geld? Ist auch ein Verkauf von Vereinsanteilen wie beim TSV 1860 denkbar?
Ich hätte ein Problem damit, Anteile des Vereins zu verkaufen. Auf lange Sicht musst du schauen, dass du deine Rechte bei dir zusammenhältst. Aber dass der Stadionname verkauft wird, ist ja gang und gäbe. Wir sind in der Pflicht, dass jetzt was passiert. Noch ein Jahr ohne Hauptsponsor wird schwierig.
Ihre erste Maßnahme als neuer Präsident bringt dem Verein keine Mehreinnahmen, Sie haben die Eintrittspreise drastisch gesenkt.
Es war aus meiner Sicht an der Zeit, gewisse Dinge anzupassen. Nicht aufgrund der spielerischen Klasse, aber wegen der Gesamtsituation. Wir sind dabei, alle Dinge auf den Prüfstand zu stellen. Wenn es eine neue Führung gibt muss man alles prüfen und sich überlegen, was einen weiterbringen könnte.
Zuletzt waren gegen die Löwen und die Bayern zusammen knapp 10000 Fans da.
Da war gerade das Spiel gegen die Bayern wichtig. ich werde mich bei Uli Hoeneß noch ganz persönlich bedanken. Das war für uns nicht nur von den Finanzen gut, sondern auch, dass wieder Fans da waren, dass Sponsoren vorbei geschaut haben. Ich habe viele eingeladen, die uns wieder im Auge haben. Der ideelle Wert war eigentlich viel größer als der finanzielle. Bei dem Spiel hat sich endlich wieder was gerührt. Ich hoffe darauf, dass wir mal 3000 Zuschauer im Schnitt haben, für den Schnitt im letzten Jahr muss man sich ja schämen. Ich hoffe jetzt auch, dass im DFB-Pokal der Name Köln als Traditionsmarke viele Leute anzieht.
Welche Zukunftsvisionen haben Sie denn für den Verein?
Zunächst wollen wir die Finanzen im Griff haben. Jetzt kommt auch das Financial Fairplay, da will ich nie das Gefühl haben, dass wir vielleicht die Lizenz nicht bekommen. Vielleicht können wir irgendwann auch mal an die Infrastruktur denken, ein Jugendleistungszentrum bauen. Keinen pompösen Bau, aber wir haben ja ein Grundstück auf Erbbaurecht, so könnte man am Sportpark die Kabinen entlasten. Dazu möchte ich im Fanshop ein medizinisches Zentrum bauen und den Shop in das Info-Häuschen verlegen.
Am Samstag beginnt in Darmstadt die neue Saison, die SpVgg ist mit 20,6 Jahren im Schnitt die jüngste Mannschaft. Welche Ziele haben Sie dem Team gesetzt?
Die Vorbereitung war sehr erfreulich. Man sieht aber immer wieder ein paar Dinge, wo die Feinabstimmung fehlt. Heuer ist unser Ziel der Nicht-Abstieg. Da wird sich auch nichts ändern, ob wir jetzt dreimal gewinnen oder verlieren. Wir müssen uns konsolidieren und hoffen, dass sich einige Spieler weiterentwickeln. So, dass wir nächstes Jahr einen Schritt weiter sind.
Das soll mit einem Team ohne erfahrene Kräfte klappen?
Die meisten von uns haben einen Führerschein oder dürfen ohne Sondergenehmigung der Eltern in die Disco. Manchmal denke ich mir bei Auswärtsreisen wir sind auf einer Klassenfahrt. Jeder hockt da mit seinen Kopfhörern. Als wir am Chiemsee im Trainingslager waren, haben mich die Hotelgäste gefragt, wann die erste Mannschaft kommt. Ich höre oft den Vorwurf, dass wir Eckpfeiler brauchen. Dann sage ich: Soll ich sie mir schnitzen? Die kosten Geld, soll ich dafür mein Gefüge sprengen?
Einer, der sich bislang schwer getan hat in ein Gefüge zu passen, ist Savio Nsereko, der bei mehreren Vereinen Probleme hatte. Wie ist denn der Stand der Verhandlungen?
Der Trend bei Savio ist positiv, aber jetzt kommen Dinge, die sein Berater mit dem AC Florenz (dort steht Nsereko unter Vertrag, d. Red.) klären muss. Wir haben gesagt, dass wir ihn holen würden. Auch menschlich passt es, ich bekomme ein gutes Feedback aus der Mannschaft. Er verhält sich gut – und dass er mehr als ein Drittligaspieler ist, wussten wir vorher. Wir mussten schauen, ob er es als Persönlichkeit packt. Wenn er angekommen wäre mit Riesen-Kopfhörern und einer Sonnenbrille, dass man den Kopf nicht sieht, hätten wir ihm gleich gesagt, das kannst du dir abschminken. Ich denke, in drei Wochen ist die Entscheidung gefallen. Unsere Voraussetzung ist, dass er ablösefrei ausgeliehen wird – und dass er bei uns finanziell totale Abstriche macht.