Haching-Trainer über seine Sperre gegen 1860: "Das Strafmaß halte ich für überzogen"

AZ: Herr Unterberger, wenn Sie diesen Satz bitte ergänzen würden. Fußball und Emotionen …
MARC UNTERBERGER: . . .passen nicht immer zusammen.
Aber gehören eigentlich zusammen.
Sollten zusammengehören, ja.
Und wenn ein Trainer im Eifer des Gefechts so ein bisschen emotional überzieht, dann …
Sie sprechen auf die Szene an mit dem vierten Offiziellen. Der Schiedsrichter hat so entschieden und dann gab es drei Spiele Sperre für die eine Sache, oder? Das Strafmaß halte ich für überzogen. Aber wir haben uns dann auch bewusst entschieden, keine weiteren Rechtsmittel mehr einzulegen, weil uns das Sportgericht ganz klar aufgezeigt hat, dass wir da überhaupt gar keine Chance haben, obwohl wir auch andere Sachverhalte darlegen konnten. Aber es war dann so, deswegen haben wir die Sperre dann auch akzeptiert.
Unterberger über Sperre: "Es gibt viel, viel Wichtigeres, nämlich das anstehende Derby"
Aber ist es nicht so, dass man sich hier und da ein bisschen mehr Nachsicht, vielleicht auch Verständnis für die eine oder andere Situation wünscht?
Würden sich die Schiedsrichter sicherlich umgekehrt von uns Trainern auch, dass wir da mal einen Tick ruhiger sind. Für mich ist das Thema jetzt echt abgehakt. Es war jetzt gut, dass die Länderspielpause war, dass ein bisschen Ruhe eingekehrt ist. Es gibt viel, viel Wichtigeres, nämlich das anstehende Derby.
Wie schwierig ist es auf der Tribüne während des Spiels?
Das war in Verl sehr, sehr schwer, weil du hast keinen Einfluss. Also du sitzt oben und alles, was unten passiert, passiert. Ob du oben sitzt oder vor dem Fernseher, es passiert. Du hast keinen Kontakt und in dem Fall (Haching verlor 0:2, d.Red.) musste man es eher ertragen.
In einem Derby gegen den TSV 1860 ist es wahrscheinlich noch schmerzhafter, da ist mehr Brisanz, mehr Emotion, noch mehr von allem drin.
Ja, und es waren letztes Jahr zwei absolute Highlightspiele, mehr Spaß an deinem Beruf kannst du fast nicht haben. Wir bereiten das Spiel - so wie jedes andere - sorgfältig miteinander vor, und ich bin felsenfest überzeugt, dass mich Sven Bender hervorragend an der Linie vertreten wird.
Unterberger über Ex-Löwe Bender im Trainer-Team: "Legt die nötige Coolness an den Tag"
Wie wird das Zusammenspiel mit Ihrem Co-Trainer, der vielleicht noch emotionaler mit dem Derby verknüpft ist aufgrund seiner Löwen-Vergangenheit.
Sven ist ein absoluter Profi, der zig Derbys mehr erlebt hat als Spieler. Und ich glaube, dass er gut einschätzen kann, was am Sonntag passiert, wenn da Rot-Blau gegen Blau spielt und dass er auch die Coolness an den Tag legt, wie man das Spiel angeht.
Warum reißt die Negativserie, warum bleibt die Derbybilanz gegen Sechzig so blütenrein, wie sie in der letzten Saison war?
Wir sind zu Hause ungeschlagen. Wir fühlen uns zu Hause sehr wohl und haben die letzten beiden Derbys gewinnen können. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Es geht darum, 90 Minuten Feuer auf dem Platz zu entfachen, Gas zu geben, es wird um Zweikämpfe gehen, es wird auch darum gehen, welche Mannschaft es mehr möchte oder bereit ist, mehr zu investieren. Sechzig wird ähnlich heiß drauf sein. Beide Mannschaften, glaube ich, kennen sich in und auswendig. Es werden auch andere Parameter entscheiden als die reine Taktik.
Wenn man Sechzig verfolgt hat in den letzten Spielen, war trotz der Niederlage gegen Wiesbaden (2:3) der Eindruck, generell geht der Trend nach oben. Wenn man auf die Ergebnisse in Haching schaut, dann steckt der Wurm drin. Warum ist das so?
Für mich gibt es immer zwei Ebenen. Das eine ist das Ergebnis und das andere ist dann die Leistung. In Verl hat beides nicht gestimmt. Wenn ich mir davor die Heimspiele anschaue, gegen Aue und Sandhausen, die auf Platz eins und fünf stehen, da hat die Leistung gepasst und das Ergebnis nicht. Und jetzt wird es darum gehen, dass mal Leistung und Ergebnis passen. Das wäre die Wunschvorstellung. Wir brauchen nicht alles so grau malen, wie es jetzt die letzten Spiele ergebnistechnisch ausschaut. Wir haben auf ein paar Spieler verzichten müssen, die Unterhaching nicht ersetzen kann. So breit sind wir nicht aufgestellt. Stiefler, Schwabl, Ihorst, Littig sind einfach vier Säulen. Im Gesamtkontext kann man es ein bisschen relativieren oder besser einschätzen. Das können wir Gott sei Dank. Nichtsdestotrotz wollen wir natürlich auch wieder ins Punkten kommen.
Drei Ex-Hachinger bei 1860 ersetzen? "Erstmal unmöglich"
Haben Sie eine so komplizierte Saison erwartet? Es gab wesentliche Abgänge, die ja irgendwie auch die Dynamik der Mannschaft verändert haben.
Natürlich. Das war letztes Jahr schon so, dass es gegen den Abstieg geht, als Aufsteiger-Team, das keine neuen Spieler verpflichtet hat. Jetzt hatten wir in Summe 15 Abgänge, glaube ich, davon sieben, acht, die in der Startelf gestanden sind. Die Erwartungshaltung Klassenerhalt ist da selbstverständlich. Deswegen verfällt auch keiner hier in Panik oder ist überrascht. Wir müssen auf der Hut sein, definitiv. Es ist im Fußball oft so: Wenn du gar nicht weißt, auf welchem Bahnhof du stehst, dann ist es schwierig, ans Ziel zu kommen, den richtigen Zug zu finden. Wir wissen genau, auf welchem Bahnhof wir stehen. Und jetzt gilt es, die richtigen Verbindungen zu finden, um am Bahnhof Klassenerhalt anzukommen.
Wie schwierig war oder ist es, die drei Neu-Löwen zu ersetzen?
In der Eingespieltheit, wie die drei weggegangen sind, erstmal unmöglich. Du hast den besten Torwart der Liga verloren mit René Vollath, der auch bei Sechzig einen hervorragenden Job macht, was ich so aus der Ferne beobachten kann. Wir hatten mit Raphael Schifferl einen der besten Innenverteidiger der Liga und wir hatten mit Hobschi jemanden, der egal wann, egal wie, seine Tore schon auch gemacht hat, weil er immer an der richtigen Stelle stand. Jetzt haben wir neue Jungs geholt. Die Zeit spielt für uns. Mit jedem Spiel wird das Verständnis auf dem Spielfeld sichtbar besser.
Im Vorfeld des Spiels wird auch über den Empfang der drei gesprochen? Vollath sagte, die Fans sollen ruhig pfeifen. Welche Reaktionen erwarten Sie?
Ich werde sie sehr, sehr herzlich empfangen, weil ich hier mit allen drei eine richtig gute Zeit erlebt habe, auch schöne Erfolge gefeiert habe. Ich glaube, dass die drei letztes Jahr nochmal eine gute Entwicklung genommen haben, um jetzt da zu sein, wo sie sind. Der Klub hat allen drei eine Menge zu verdanken, umgekehrt war Unterhaching für alle drei Spieler eine wichtige Entwicklungsstation. Ich kann mir vorstellen, dass es bei unseren Fans so ist, dass so ein Wechsel innerhalb einer Stadt nicht wirklich auf Verständnis stößt. Umgekehrt wäre das bestimmt genauso. Aber bei aller Rivalität auch bitte nie vergessen, was sie für Unterhaching geleistet haben, die drei. Das würde ich mir wünschen.
"Du kannst mit einem Sieg eine eigene Erfolgsserie starten"
Es ist auch so, dass sie erst wieder betont haben, wie wohl sie sich gefühlt, wie sehr sie die Gemeinschaft bei der SpVgg geschätzt haben. Es wird ja auch kein Hausverbot geben.
Nein, nein, nein, ganz im Gegenteil. Der Wechsel von Patrick Hobsch, mit Ende der Winterpause ging das schon so langsam in diese Richtung, dass er gesagt hat, er würde sich gerne verändern. Wenn ein Vertrag ausläuft, dann hat er die Möglichkeit, dass er sich verändert. So, das ist dann Sechzig München geworden. Das ist ein bisschen part of the game. Bei Raphael Schifferl haben wir die Hand nie draufgehabt, weil er verliehen war. Den hat Sechzig rausgekauft. Das hätte Unterhaching, da lehne ich mich jetzt ein bisschen weiter aus dem Fenster, aber sicherlich auch nicht bezahlen können. Und bei René ist es hinten raus ein bisschen unruhiger geworden. Er hat dann seinen Willen durchgesetzt. Haken dran. Wir sind im Fußball.
Ist dieses Derby durch die besondere Emotionalität, um das nochmal aufzugreifen, auch geeignet für was Besonderes? Ist es quasi prädestiniert dafür die Trendwende zu schaffen?
Ja, wir können punktgleich mit den Löwen werden. Natürlich, das Derby willst du gewinnen. Du kannst mit einem Sieg eine eigene Erfolgsserie starten. Danach folgt eine englische Woche. Deswegen wäre das wahnsinnig schön, wenn wir am Sonntag um 21.15 Uhr dann zwölf Punkte haben und die Abstiegsplätze auch wieder verlassen haben. Das ist unser Ziel.