Interview

Haching-Trainer Arie van Lent: "Sechzig ist mein Lieblingsgegner"

Der ehemalige Stürmer und neue Haching-Coach Arie van Lent (50) spricht im Interview mit der AZ über das traditionsreiche Nachbarschaftsduell, die Zuschauerfrage – und ein besonderes Tor gegen 1860.
von  Matthias Eicher
Arie van Lent trainiert seit dem  18. August 2020 die SpVgg Unterhaching
Arie van Lent trainiert seit dem 18. August 2020 die SpVgg Unterhaching © imago images / Oryk HAIST

Unterhaching - AZ-Interview mit Arie van Lent: Der ehemalige Bundesliga-Stürmer trainiert seit diesem Sommer die SpVgg Unterhaching – am Montag empfängt der 50-Jährige mit den Vorstädtern den TSV 1860.

AZ: Herr van Lent, nach dem 0:1 am Mittwoch gegen den MSV Duisburg ist vor dem Derby am Montag gegen die Löwen (19 Uhr im AZ-Liveticker): Sie hätten 1860 gewiss lieber mit einem Heimsieg im Rücken empfangen.
ARIE VAN LENT: Sicher würde ich jetzt mit Ihnen lieber über einen Dreier gegen Duisburg sprechen. Aber die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, war richtig gut. Nur das Ergebnis leider nicht. Man darf nicht alles schlechtreden.

Van Lent: "In dieser Liga kann jeder jeden schlagen"

Womit wir beim Vorteil der Englischen Woche wären: Ein Rückschlag lässt sich sofort reparieren.
Ja, das ist positiv: Zum Durchschnaufen bleibt keine Zeit. Du ärgerst dich kurz, dann geht es weiter. Wobei uns die schlechte Chancenverwertung leider schon länger begleitet. Es klingt vielleicht arrogant, aber ich sage: Wir hätten jedes der sechs Spiele für uns entscheiden können, fünf vielleicht sogar müssen. Ich hoffe, dass es gegen 1860 wieder klappt. Ich bin schon sehr gespannt auf dieses Spiel. Es ist ja mein erstes Derby.

Vor einer Woche wäre Haching gegen Sechzig noch das Duell Zweiter gegen Erster gewesen, danach hagelte es zwei Pleiten für Sie, 1860 holte nur einen Punkt. Wie viel Spitzenspiel steckt noch in diesem Derby?
Regionsbedingt ist es natürlich immer ein Spitzenspiel! Was die Tabelle anbelangt, sind wir jetzt beide ein Stück weit in der Wirklichkeit der Liga angekommen. Beide Mannschaften haben sehr gut in die Saison gefunden, wir hatten drei Siege in Serie, Sechzig einen richtigen Höhenflug an der Tabellenspitze. Aber in dieser Liga kann jeder jeden schlagen. Das haben beide zu spüren bekommen.

Van Lent: "Wir haben mit Haching noch viel vor"

Zählt 1860 für Sie zu den Aufstiegsfavoriten?
Sie haben eine total erfahrene Truppe rund um Sascha Mölders. So ein Typ polarisiert, legt sich mit jedem an. Ich denke schon, dass sie ein Wörtchen oben mitreden möchten. Vielleicht schaffen sie das auch. Man hat das Gefühl, die Tradition verpflichtet bei den Löwen. Letzte Saison waren sie nach ihrer Aufholjagd auch lange oben mit dabei, bis kurz vor Schluss.

In Unterhaching verpflichtet das Vorhaben von Präsident Manni Schwabl, in den nächsten Jahren die Rückkehr in die Zweite Liga zu schaffen.
Bei uns ist es einen Tick anders. Da würden manche Leute in der Region sicher schmunzeln, wenn wir es vor 1860 schaffen würden. Wir haben mit Haching noch viel vor und ich will auch nicht nach nur einem Jahr wieder gehen. Aber wir haben eine junge Mannschaft und müssen schauen, wie wir uns entwickeln.

Sprechen wir über die letzten Aufeinandertreffen zwischen der SpVgg und dem TSV: Haching hat in der Liga (2:3, 0:3) und im Totopokal-Viertelfinale im Elfmeterschießen gleich drei Mal den Kürzeren gezogen.
Vielleicht erzählen mir die Jungs deshalb so wenig über Sechzig. Dieses Derby ist etwas ganz Besonderes. Gerade das letzte Spiel hier in Unterhaching, das leider durch das Tor von Mölders in der Nachspielzeit verloren wurde - richtig, richtig bitter. Haching hat also noch mehrere Rechnungen offen. Ich freue mich auf das Spiel!

Stichwort Fans: Das letzte Duell im Hachinger Sportpark war restlos ausverkauft. Aktuell sind für Montag statt eines drohenden Corona-Geister-Derbys kurzfristig wenigstens 1425 Zuschauer erlaubt.
Es tut uns sehr weh, wenn uns unsere Fans nicht unterstützen können. Aber auch aus finanzieller Sicht ist es bitter: Viele Leute haben auch von der Stimmung in den Derbys geschwärmt. Ich bin froh, dass wir, Stand jetzt, einige Fans im Stadion dabei haben können.

Nachdem der frühere Bundesliga-Stürmer Arie van Lent früher öfter gegen 1860 aufgelaufen ist, müssen wir in der Vergangenheit schwelgen: Wir zählen sieben Treffer in zehn Aufeinandertreffen mit Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt. Klingt nach Lieblingsgegner.
Stimmt. Ich habe gegen zwei Vereine gefühlt immer Tore geschossen: gegen den 1. FC Köln und Sechzig.

Van Lent: "Gegen die Löwen hat es für mich meistens gut geklappt"

Ein historischer Tag dürfte Ihnen dabei in gänzlich anderer Erinnerung bleiben als den Löwen: der 22. Mai, letzter Spieltag der Saison 2003/04.
Das weiß ich noch, als wäre es gestern gewesen: Ich habe mit Gladbach gegen 1860 gespielt, am Bökelberg. Ich durfte das letzte Tor machen, bevor das Stadion abgerissen wurde. Ein Stück Gladbacher Geschichte. Und ein schöner Tag für uns. Für die Löwen nicht ganz so schön . . .

Das letzte Tor am Bökelberg: Arie van Lent trifft gegen 1860.
Das letzte Tor am Bökelberg: Arie van Lent trifft gegen 1860. © imago

. . . dabei hätten Sie Sechzig im Abstiegskampf Schützenhilfe leisten können.
Ich weiß noch, dass es diese Diskussion damals gab. Am vorletzten Spieltag hat Francis Kioyo gegen Hertha BSC Berlin diesen Elfer für 1860 verschossen (1:1, d. Red.). Das war für uns der Klassenerhalt. Wir haben sie danach trotzdem mit 3:1 geschlagen - und 1860 ist abgestiegen. Gegen die Löwen hat es für mich meistens gut geklappt. Das kann auch als Trainer doch nur was Gutes heißen, oder?

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