Sportstudio wird 50: Schalke 05, ein Affe und der Schuss vom Bierglas

München - Die Bahnhofsuhr. Die Torwand. Und natürlich die Titelmelodie mit dem schönen und treffenden Namen „Up to date”: Es dürfte keinen fußballinteressierten in Deutschland geben, der Das Aktuelle Sportstudio nicht kennt. Neben der ARD-Sportschau, den Live-Radio-Reportagen aus den Stadien und den Zeitungsberichten war es früher die einzige Möglichkeit, sich über die Bundesliga zu informieren. Und ist noch heute, wo Sky jedes Spiel live zeigt und ab sofort sogar zwei Anbieter eine Art Sportschau im Internet anbieten, noch immer zeitgemäß.
Am Samstag feiert „Das Aktuelle Sportstudio” sich selbst. Mit einer Gala feiert das ZDF ab 22 Uhr den 50. Geburtstag des Sportstudios. Neben den drei aktuellen Moderatoren Katrin Müller-Hohenstein, Sven Voss und Michael Steinbrecher (hört bald auf) werden auch Sportstudio-Moderations-Legenden wie Dieter Kürten – mit 350 Sendungen der Rekordhalter – dabei sein. Und natürlich auch eine illustre Gästeschar um Franz Beckenbauer, Mario Götze, Rudi Völler, Britta Heidemann oder Regina Halmich.
Am 24. August 1963 ging die erste Ausgabe des Aktuellen Sportstudios auf Sendung – am Tag des allerersten Bundesliga-Spieltages. Moderator war damals Heribert Meisel. „Das 'Aktuelle Sportstudio' ist eine Marke des Senders, ja durch seine Tradition sogar die Dachmarke des Sports", sagt ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz.
Unvergessen und im kollektiven Gedächtnis der Sportbegeisterten geblieben sind legendäre Sportstudio-Momente wie der Affe, der 1971 der Frau von Tarzan-Darsteller Johnny Weißmüller die Perücke vom Kopf klaute. Oder als sich der Boxer Norbert Grupe, der sich „Prinz von Homburg” nannte, 1961 beharrlich weigerte, auch nur eine Frage von Moderator Rainer Günzler zu beantworten. Erst als Günzler entnervt das „Gespräch” beendete, sagte Grupe: „ Vielen Dank für ihr Interesse am Boxsport.” Oder als sich der damalige Bayern-Manager Uli Hoeneß und Christoph Daum, damals Köln-Trainer, 1987 vor laufender Kamera ankeiften wie alte Waschweiber. Oder wie Franz Beckenbauer 1994 nach der gewonnenen Meisterschaft als Bayern-Coach in Feierlaune den Ball vom Weißbierglas gegen die Torwand schoss – und traf.
Überhaupt die Torwand: Sechs Treffer gelangen niemandem. Eine Erfindung des ZDF ist die Torwand aber nicht. 1964 wurde sie erstmals im Aktuellen Sportstudio eingesetzt. Einmal, in den 70ern, wollte das ZDF sie abschaffen. Doch die Zuschauer protestierten, die Torwand blieb – und 2007 traf Nationalspielerin Fatmire Bajramaj zwei Mal – in hohen Hacken.
„Wir wollen eine journalistische Institution bleiben und dennoch weiterhin den Spagat zwischen Information und Unterhaltung schaffen", sagt Gruschwitz. Und ein Ende ist nicht abzusehen. „Millionen Menschen sind mit dem Sportstudio groß geworden. Und wie schön, dass es das immer noch gibt, bei all der Hektik und Raserei, die wir heute haben. Ich denke, dass ist für viele Menschen immer noch so ein Stückchen Erinnerung und Erholung und das hält das Sportstudio am Leben”, glaubt Kürten. Das sieht auch Katrin Müller-Hohenstein so. Die 48-Jährige präsentiert das Sportstudio seit 2006. „Da ist so viel Tradition drin und trotzdem hat sich die Sendung weiter bewegt.” Geblieben sind aber die Interviews, laut Müller-Hohenstein auch eines der Erfolgsgeheimnisse des Sportstudios: „Ich glaube, dass wir die Zeit haben, uns um unsere Gäste zu kümmern. Und diese Zeit ist ja heute so rar, dass ich das extrem genieße. Das ist super. Das ist eine Sendung, die gibt es so nicht nochmal im deutschen Fernsehen”, sagt sie.
Dass heute auch eine Frau das Sportstudio moderiert, ist selbstverständlich. 1973 war die Zeit aber wohl noch nicht reif dafür. Als Carmen Thomas im Eifer des Gefechts während einer Sendung der Vereinsname „Schalke 05” entfährt, war der Skandal perfekt. Dass ihr Kollege Arnim Basche wenige Wochen später statt Offenbacher Kickers Kickenbacher Offers sagte, ging dann aber unter. Tempi passati!