»Sportstadt – aber nur auf dem Papier«
München - eine Stadt der Fußball-WM und der Olympischen Spiele. Eine Stadt, die sich um Winterspiele 2018 bewirbt. In der die eigenen Vereine aber keinen Platz haben - ein Überblick.
MÜNCHEN Die Turner sind längst weg. Ihre Heimkämpfe trägt die Bundesliga-Riege des FC Bayern weit weg aus. In Dießen am Ammersee etwa. Oder in Vilshofen. „In München schon lange nicht mehr“, sagt Abteilungsleiter Ulrich Hager: „Es ist ein Trauerspiel. München ist eine Sportstadt, aber nur noch auf dem Papier. Ein Witz!“
Der jüngste Fall von München Basket zeigt einmal mehr das Dilemma. „Schon seit 15 Jahren wird eine Halle in der Größe von 1000 bis 1200 Zuschauern gefordert“, sagt Hager, „aber bei der Stadt tut sich da gar nix.“
Bei der Stadt saßen letzte Woche Basket-Boss Janos Belik und Joachim Paul, Geschäftsführer der „MPP Entertainment“, dem neuen Betreiber der Rudi-Sedlmayer-Halle. Dort wollen künftig auch München Basket und die Korbjäger des FC Bayern spielen. Problem: Die Renovierung.
Die Stadt als Eigentümer der Halle will die erforderlichen 450000 Euro nicht bezahlen. „Der nötige Betrag ist weniger als die Mieteinnahmen, die die Stadt jährlich von uns bekommt“, sagt Paul, „aber die Stadt zahlt keinen Cent.“ Und warum nicht? „Weil wir so einen Präzedenzfall schaffen würden“, sagt Christine Strobl, als 2. Bürgermeisterin auch für Sport zuständig. „Das ist ja ein privater Betreiber. Dann kann ja jeder sagen, ich hätte gern einen Kredit oder eine Bürgschaft für meine Einrichtung.“
Schlimm genug für Basket, aber auch, dass auch der Hauptsponsor jetzt vor dem Absprung steht. Die „Toyota Versicherungen“, die nach AZ-Information jährlich einen hohen fünfstelligen Betrag in das Team stecken. „Wir müssen ernsthaft überlegen, wie es weitergeht“, sagt der Sponsoring-Beauftragte des Unternehmens Markus Ludwig, „für ein weiteres Engagement müssen zwei Dinge erfüllt sein: Der sportliche Aufstieg, aber auch eine geeignete Halle. Sonst kann ich das der Geschäftsführung gegenüber nicht weiter vertreten.“
Auch nicht den Partnern gegenüber. Das Unternehmen, das an die Toyota-Händler KfZ-Versicherungen vertreibt. Gerne würde Ludwig Geschäftspartner zum Basketball einladen. Aber nicht in eine muffige Turnhalle mit Holzbänken als VIP-Sitzen.
Anregungen und Stadtratsbeschlüsse für eine mittelgroße Halle gibt es bereits, nur dauert bei der Stadt alles etwas länger. Zu sehen ist das auch am Informationsfluss zwischen Sportamt und Rathaus. Dass sich die Sporthalle an der Riesstraße nicht für einen Bundesliga-Betrieb eignet, erfuhr Strobl nämlich gestern erst durch die AZ.
Bemerkenswert fand der Sedlmayer-Betreiber, der ab 2009 gerne die Basketballer beheimaten würde, noch einen Hinweis der Stadt. Paul: „Bei Vertragsabschluss wurde uns ans Herz gelegt, den Sport in München zu fördern.“ Irgendjemand muss es ja tun. Wenn schon nicht die Stadt selbst. Florian Kinast