Sportdirektor Reuter: „Wir müssen Berkant alle Zeit der Welt geben“

Team-Psychologe Böswald betreute den 1860-Star die letzten zehn Tage in Weilheim. Ab heute soll der Angreifer wieder trainieren.
von  Abendzeitung
Ex-Löwe Berkant Göktan. Nun hofft er auf eine Rückkehr in den Fußball
Ex-Löwe Berkant Göktan. Nun hofft er auf eine Rückkehr in den Fußball © Rauchensteiner/Augenklick

Team-Psychologe Böswald betreute den 1860-Star die letzten zehn Tage in Weilheim. Ab heute soll der Angreifer wieder trainieren.

MÜNCHEN Bei der 1:2-Heimpleite in der Allianz Arena gegen Mainz 05 fehlte Berkant Göktan. Heute jedoch wird der 1860-Torjäger endlich wieder auftauchen. Er soll um 10 Uhr an der Grünwalder Straße zum Vormittagstraining erscheinen. Bereits gestern jedoch hatte das Rätselraten, wo der 27-Jährige sein Müdigkeits- und Erschöpfungssyndrom auskuriert (AZ berichtete), ein Ende: Zehn Tage lang war Göktan im oberbayerischen Weilheim, rund 60 Kilometer südlich von München, in Behandlung.

„Wir wollten ihn schützen, deswegen haben wir nicht verraten, wo er ist und was er macht“, erklärte Sportdirektor Stefan Reuter am Sonntag die Geheimniskrämerei, „er sollte ganz für sich alleine sein, deswegen habe ich ihn auch nicht besucht“. Göktan war im „Hotel Vollmann“ (Einzelzimmer 65 Euro, Internetzugang kostenlos) am Weilheimer Marienplatz einquartiert. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die Praxis von 1860-Psychologe Dr. Erich Böswald, das „Ganzheitliche Zentrum für Psychotherapie“. Böswald, der schon im 1860-Trainingslager in Bad Radkersburg dabei war, soll sich täglich um den prominenten Patienten gekümmert haben. Berkant schwer angeschlagen. Kein Wunder, dass sein Vater Fahrettin Göktan im AZ-Interview gesagt hatte: „Ich mache mir große Sorgen um ihn.“

Ausnahme-Fußballer Göktan soll sein Tief nun überwunden haben. In Weilheim war der Deutsch-Türke fleißig, ging zum Schwimmen, Laufen und ins Fitnessstudio. Am Wochenende bekam er sogar Besuch von Freundin Verena. Es geht also aufwärts.

Doch Reuter bittet um Geduld: „Wir müssen Berkant alle Zeit der Welt geben und ihn nicht unter Druck setzen. Nur ein topfitter Göktan hilft uns wirklich, es bringt jetzt nichts, ihn zu verheizen“, sagte Reuter der AZ, „der Zeitpunkt seiner Auszeit ist für uns natürlich nicht gut, aber wann ist eine Auszeit eines so guten Spielers schon positiv?“ Ein Göktan-Einsatz am kommenden Sonntag in Ahlen (14 Uhr, Premiere live) gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Warum aber kam es überhaupt so weit? Warum war die Auszeit in Weilheim nötig? „Göktan konnte durch das Erschöpfungssyndrom seine Höchstleistungen nicht mehr bringen, er zweifelte an sich. Er war platt, konnte nicht mehr schlafen, war im Training fertig“, sagte Reuter, „Marco Kurz und ich haben uns dann entschieden, dass wir ihn rausnehmen.“ Dass Göktan sich zu sehr unter Druck setze, bestätigte nach Vereinsarzt Dr. Willi Widenmayer nun auch Reuter: „Die Erwartungshaltung auf ihn ist groß, doch den meisten Druck macht er sich selbst.“

Ob die Therapie im Oberland geholfen hat? Göktan selbst sagte in „BamS“: „Ich bin jetzt endlich ein erwachsener Mensch.“ Deswegen will er in Zukunft auch nicht mehr „Berki“ genannt werden: „Ich bin jetzt nur noch Berkant.“ Womit sich sogar Reuter noch etwas schwertut. Direkt vor dem Anpfiff sagte er gestern: „Berki, äh, Berkant geht es wieder sehr gut.“

Oliver Griss

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