Sonnengruß vom Yogi

Vor dem EM-Halbfinale Deutschland gegen die Türkei kommt auf Mentalguru Patrick Broome eine besondere Aufgabe zu. Bundestrainer Joachim („Jogi“) Löw vertraut auf die Fähigkeiten des Münchner Yogalehrers. Von wegen, Yoga sei nur was für Frauen - ein AZ-Interview.
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Patrick Broome: Der promovierte Psychologe ist Gründer des Jivamukti-Yoazentrums in München
az Patrick Broome: Der promovierte Psychologe ist Gründer des Jivamukti-Yoazentrums in München

MÜNCHEN - Vor dem EM-Halbfinale Deutschland gegen die Türkei kommt auf Mentalguru Patrick Broome eine besondere Aufgabe zu. Bundestrainer Joachim („Jogi“) Löw vertraut auf die Fähigkeiten des Münchner Yogalehrers. Von wegen, Yoga sei nur was für Frauen - ein AZ-Interview.

AZ: Herr Broome, DFB-Manager Oliver Bierhoff verriet am Sonntag, dass die Nationalspieler an ihrem freien Tag außer einer Radtour auch Yoga gemacht haben, was, so Bierhoff, „hilft, den Kopf frei zu bekommen.“ Sie sind Jogis Yogi. Wie kam’s dazu?

PATRICK BROOME (39): Oliver Bierhoff, der bei mir schon länger Privatstunden nahm, hat mich schon in der Amtszeit von Jürgen Klinsmann für den DFB gewonnen. Bierhoff war der Meinung, dass Yoga noch so ein Baustein in der umfassenden Betreuung sei, der gefehlt habe. Meine allererste Einheit war dann für den Betreuerstab – also mit Bierhoff, Löw und den anderen, um ihnen meine Arbeit vorzustellen.

Wie haben die Spieler darauf reagiert? Gab es Vorbehalte? Yoga hat ja immer noch ein sehr esoterisches Image?

Ich war überrascht, wie fleißig und enthusiastisch die Nationalspieler mitgemacht haben. Es gibt auch vier, fünf Spieler, die damit nichts anfangen können. Aber das ist ja ihr gutes Recht. Die müssen dann auch nicht mitmachen, wir zwingen niemanden.

Wer stellt sich denn besonders gut an?

Also die Abwehrreihe inklusive Torhüter Jens Lehmann ist sehr talentiert und sehr fleißig dabei. Es sind auch schon einige Spieler zum Einzelunterricht bei mir aufgetaucht.

Wo genau setzen Sie mit Yoga an, zwischen der körperlichen Arbeit der Physiotherapeuten und der mentalen des Teampsychologen?

Ich bin genau die Schnittstelle. Meine Hauptarbeit ist immer der Regenerationstag. Da arbeite ich immer mit den Spielern, die am Vorabend gespielt haben, wie jetzt gegen Portugal. Dabei geht es hauptsächlich darum, die Angespanntheit aus dem Körper rauszuziehen, den Dampf raus zu zulassen. Durch die Streckung des Körpers, durch die intensive Atmung werden Muskeln und die inneren Organe besser durchblutet, dadurch kann der Einzelne die Spannung loswerden. Körper und Beine waren ziemlich hart, das fiel mir auf. Aber die sind ja alle enorm gelaufen.

Yoga hat ja auch eine spirituelle Ebene, in der man zu sich selbst finden soll. Gibt es Rückmeldungen der Spieler, was Yoga bei ihnen verändert?

Viele sagen mir, dass Sie jetzt deutlich besser schlafen können. Wenn sich die Körperspannungen lösen, dann lösen sich auch die mentalen Spannungen, das hilft beim Einschlafen. Wir versuchen natürlich auch Spielern, die auf dem Platz Misserfolge erlebt haben, ein Werkzeug an die Hand zu geben, um das Grübeln in der Nacht loszuwerden. Viele sagen auch, sie fühlen sich ganzheitlich deutlich wohler.

Die Königsdisziplin beim sogenannten Poweryoga ist der Sonnengruß, den erfahrene Yogis 108 Mal in Folge machen. Können den unsere Fußballer auch schon?

Wir beschränken uns auf eine halbe Stunde und machen keine 90 Minuten, die eine Yogastunde üblicherweise dauert. Wir konzentrieren uns auf die körperliche und mentale Ebene, auf die spirituelle verzichten wir. Wir machen den Sonnengruß, aber in abgewandelter Form. Den Sonnengruß 108 Mal zu wiederholen, wäre kontraproduktiv. Das wäre vor allem für den unteren Rücken der Spieler gefährlich.

Hat sich Ihre Arbeit mit der Nationalelf in die Bundesliga herumgesprochen?

In den USA, ob beim Football oder beim Basketball, haben Profiteams schon seit Jahren einen eigenen Yogalehrer dabei. In der Bundesliga gibt es das so nicht. Nur der 1. FC Köln hat schon mit Yoga Erfahrung gesammelt. Und es gibt einige Spieler, die Einzelunterricht nehmen. Gerade für Sportler, die sehr viel Zeit im Flugzeug oder im Bus verbringen, bietet es sich an, die Spannungen und Verkrampfungen mit Yoga zu lösen. Aber ich habe Kontakt zu zwei, drei Vereinen, es kann also gut sein, dass ich zur neuen Saison neben der Nationalmannschaft auch noch einen Bundesligaklub betreue.

Den FC Bayern vielleicht? Klinsmann hat da ja Bedarf.

Das kann ich mir so schnell gar nicht vorstellen, aber ich wäre bereit. Es wäre eine große Ehre.

Nennen Sie uns zum Abschluss doch mal ein paar Namen, welcher Fußballprofi geht denn zum Yoga?

Das müssen die Spieler schon selbst tun. Yoga wird, gerade im Fußballumfeld, von einigen immer noch sehr kritisch gesehen und in die weibliche Ecke geschoben. Es wird so getan, als wäre Yoga nur was für Frauen. Das ist natürlich Quatsch. Ich will den Leuten diesen Mythos austreiben.

Interview.: Thilo Komma-Pöllath

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