Sofia: Mit Einkehrschwung ins Museum
Sofia - Zugegeben, es hat noch immer einen Hauch von Abenteuer, seinen Winterurlaub in Sofia statt in einem der etablierten Alpenorte zu verbringen. Aber es ist schon faszinierend, vom Vitoscha-Gebirge, den Hausbergen der Stadt, direkt auf die Millionenmetropole zu blicken. Der Besucher ist quasi nur eine Liftfahrt von Sofias Außenbezirken entfernt. Einige städtische Straßenbahn- und Buslinien bringen die Ski- und Wander-Freunde direkt auf den Berg.
Pisten, Loipen und viel Geschichte
Das Vitoscha-Gebirge besitzt zwar ein etwas kleineres Skigebiet als andere bulgarische Resorts in Bansko, Borovets oder Pamporovo. Aber auch die auf 1.650 bis 2.290 Metern gelegenen Pisten des Vitoscha bieten bereits Kunstschnee und Nachtski. Erfreulich für die Geldbörse: Ein Tages-Skipass ist für Erwachsene ab 17 Euro zu haben.
Das größte Plus neben den Preisen ist aber die Kombination des Skigebiets mit der boomenden Millionenstadt mit ihrem quirligen Nachtleben. Sofia ist ideal, um Kulturtrip, Städtetour, Einkaufsreise und Skiurlaub günstig miteinander zu verknüpfen. Die Stadt ist seit mindestens 7.000 Jahren besiedelt – und damit mehr als dreimal älter als die erste deutsche Gründung. Kein Wunder, dass das Nationale Historische Museum Bulgariens im riesigen Park der ehemaligen Präsidentenresidenz vor Geschichte strotzt. Auf 6.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche findet sich hier neben vielen anderen Exponaten das Gold der Thraker, darunter der beeindruckende Schatz von Panagjurischte aus dem vierten bis dritten Jahrhundert vor Jesus Christus.
Ganz in der Nähe steht die kleine Kirche von Bojana, die zu den sieben Stätten des Weltkulturerbes in Bulgarien gehört. Daneben gibt es eine ganze Reihe anderer Kirchen, die kunsthistorischen und geschichtlichen Wert haben, darunter die Sveta Sofia aus dem 6. Jahrhundert. Die zweitälteste Kirche Sofias gab der Stadt einst ihren Namen. Als Wahrzeichen der Metropole gilt aber die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaute Alexander Newski Kathedrale – wohl wegen ihrer Größe. Dass es neben einer Synagoge auch eine Moschee im Zentrum Sofias gibt, zeugt von der wechselvollen Geschichte der Stadt.
Mitte des 17. Jahrhunderts soll ein Viertel der Einwohner jüdischen Glaubens gewesen sein. Andererseits herrschten hier über ein halbes Jahrtausend die Osmanen, von denen aber nur wenige historische Zeugnisse blieben.
Disco, Jazz und Schnaps vor dem Essen
Sofia bietet ein Nachtleben, das leicht mit jeder westeuropäischen Großstadt mithalten kann. Das Spektrum reicht von Studentencafes über Discos bis hin zu den vielen Clubs, die überall in der Stadt zu finden sind. Vorherrschende Musik ist dort der Chalga, ein Ethno-Pop, der insbesondere von der Jugend gerne gehört wird. Aber es finden sich auch gute Clubs für Jazz- und vor allem Rock-Liebhaber, von denen es in Sofia sehr viele gibt. Bei einem längeren Aufenthalt empfiehlt es sich, im Internet nach Konzert- oder Opernkarten zu schauen, die hier nur ein Bruchteil der deutschen Preise kosten. Sehr wichtig für die Bulgaren ist das Essen. Deshalb sind die vielen nationalen und internationalen Restaurants häufig sehr gut gefüllt. Eine vorherige Reservierung lohnt sich. Zu empfehlen sind unbedingt landestypische Tavernen. Sie bieten die heimische Küche an, die jedoch recht fett- und kalorienreich ist. Möglicherweise ist das ein Grund, warum zum unvermeidlichen Salat als Starter bereits ein Schnaps getrunken wird, der hier Rakia heißt.
Tagesausflug in die „Schluchten des Balkan“
Außerhalb der Skisaison eignet sich das Vitoscha-Gebirge gut für Wanderausflüge. Zwei Nationalparks bieten eine Fülle an Flora und Fauna. Außerdem ist das Gebirge für seine Felsformationen berühmt, von denen einige vulkanischen Ursprungs sind. Am bekanntesten sind die sogenannten Stein-Flüsse. Zu jeder Jahreszeit sollte sich der Besucher etwas vorsehen, da die Wetteränderungen am Vitoscha recht plötzlich auftreten können. Gut, dass es entlang der Wanderwege einige Rastplätze und Hütten gibt. Wer etwas mehr Zeit hat und sich ein Auto mietet, kann von Sofia aus sehr schöne Tagesausflüge machen. Dabei sollte der Ortsfremde unbedingt auf den Verkehr achten, da sich die Einheimischen nicht gerne an Regeln halten. Lohnenswert ist beispielsweise die Stadt Plovdiv, in der es beachtliche Überreste römischer Bauten gibt. In der Altstadt finden sich viele Häuser im Stil der „Nationalen Wiedergeburt“ aus dem 19. Jahrhundert, als Bulgarien sich von der osmanischen Fremdherrschaft emanzipierte.
Noch schöner, weil kleiner und pittoresker, ist der Ort Koprivschtiza in den Sredna-Gora-Bergen. Oder wie wäre es mit einem Besuch in Melnik, der kleinsten Stadt Bulgariens, südlich von Sofia? Hier ist der Reisende tatsächlich in den „Schluchten des Balkan“, wie sie Karl May einst beschrieb: Das Kapitel „Im Taubenschlag“ des gleichnamigen Romans spielt nämlich in Melnik.
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