So werden Kopfverletzungen behandelt

Fällt wenig Neuschnee, bekommen Unfall- und Neurochirurgen Arbeit. Auf harten Pisten fahren Skifahrer oft rasanter, als ihr Können zulässt.
München - Christoph Schul, Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie am Klinikum Kempten, hat außerdem beobachtet: „Zu Beginn der Saison sind die Sportler oft wenig trainiert, wollen aber ihr Material testen.“ Auch dies führe zu leichtsinnigem Verhalten.
AZ: Für medizinische Laien ist die Öffnung der Schädeldecke, die Dekompression, ein dramatischer Vorgang. Wann entscheiden sich Ärzte zu einem solchen Schritt?
CHRISTOPH SCHUL: Wenn das Gehirn eine schwere Schädigung hat, wobei zwischen diffusen Prellungen des gesamten Hirns und lokalen Schwellungen unterschieden werden muss. Das Gehirn hat die Tendenz, sich bei Verletzungen auszudehnen. Deswegen entfernen wir in so einem Fall einen großen Teil der Schädeldecke, um für die Schwellung Platz zu machen. Dieser Eingriff dauert nur etwa eine bis eineinhalb Stunden und wird durchgeführt, sofern nicht schwere Grunderkrankungen vorliegen und der Patient in guter Allgemeinverfassung ist. Schwierig wird es mit älteren Patienten. Bei ihnen haben wir unter Umständen große Probleme, sie wieder aus der Intensivbehandlung herauszubekommen.
Wie ist die zeitliche Abfolge, wenn Patienten mit Kopfverletzungen bei ihnen eingeliefert werden?
Wer nicht bei Bewusstsein ist, bekommt sofort eine Hirndrucksonde. Sie misst den Druck im Gehirn. Mit bildgebenden Verfahren - meist eine Computertomographie, das geht am schnellsten - und weiteren Untersuchungen prüfen wir außerdem die Sauerstoffversorgung im Gehirn. Danach entscheiden wir über das weitere Vorgehen. Aber auch Menschen, die zunächst ansprechbar sind, können schwere Verletzungen des Gehirns aufzeigen. Deswegen wird bei uns jeder, der mit einer Kopfverletzung ins Krankenhaus kommt, nach vier Stunden nochmals komplett gecheckt.
Angenommen, Sie entscheiden sich für die Öffnung des Kopfes - wie geht es dann weiter?
Die lebensbedrohliche Akutphase dauert etwa drei bis zehn Tage. dann folgt meistens eine Plateauphase, in der die Kopfverletzung nicht mehr lebensbedrohlich ist. Sie dauert einige Wochen, manchmal bis zu sechs Monate. Ab einem bestimmten Punkt treten oft Probleme durch die intensivmedizinische Behandlung auf - es kann zu Organversagen kommen, oder zu Entzündungen aufgrund der Beatmung. Wenn der Patient diese Phase geschafft hat, die Werte gut sind, sich das Gehirngewebe entspannt hat und Räume freigibt, wecken wir ihn sehr behutsam aus seinem künstlichen Tiefschlaf auf.
Kann der Schädelknochen einfach wieder aufgesetzt werden?
Ja, in vielen Fällen. Zum Teil, wenn beispielsweise Infektionen die Wiederverwendung des Knochens ausschließen, verwenden wir auch Plastiken, die computergestützt angefertigt werden.
Wie groß sind die Überlebenschancen eines Menschen, der diese Behandlung über sich ergehen lassen musste?
Das hängt davon ab, in welchem Ausmaß Gehirngewebe verletzt wurde. Überleben lassen können wir fast jeden, der einigermaßen gesund ist. Eine andere Frage ist die nach den neurologischen Ausfällen, die bleiben. Manchmal ist absehbar, dass jemand nie wieder sein Bewusstsein erlangen wird. Dann stellt sich die sehr schwierige Frage nach dem Sinn einer Dekompression.sun