"So was wie Bayern gab es noch nie"

Henning Harnisch, 1993 Europameister und nun Vize-Pärsident bei Gegner Alba Berlin, lobt das Engagement von Uli Hoeneß – und erklärt, warum ihn München so fasziniert.
AZ: Herr Harnisch, Sie haben am 4. Juli 1993 mit der Basketball-Nationalmannschaft den ersten und bisher einzigen EM-Titel gewonnen – in München. Welche Erinnerungen sind geblieben?
HENNING HARNISCH: Heute würde man so etwas wohl Sommermärchen nennen. Wir sind mit Ach und Krach in die Finalrunde gekommen, niemand, der normal denkt, hätte uns den Titel zugetraut. Aber manchmal darf man einen Traum leben und genau so war das damals: Der Titelgewinn gegen die Russen, die Nacht danach, der nächste Morgen ... Jedes Mal wenn ich nach München komme, spüre ich das wieder aufs Neue.
Aber Sie werden danach kaum wegen dem Basketball nach München gereist sein, oder?
Nein, ich habe nur Freunde besucht. Basketballerisch gab es erstmal keinen Grund mehr.
Das ist jetzt anders. Der FC Bayern will an Deutschlands Spitze. Am Samstag (20.05 Uhr, Sport1 live) tritt Alba Berlin im Audi Dome an. Wie wird Bayerns Projekt in der Hauptstadt aufgenommen?
Man kann ganz andere Geschichten erzählen, seit der FC Bayern und Uli Hoeneß involviert sind. Ich sehe das absolut positiv: Da kommt jemand, der etwas Großes vorhat. Das tut der ganzen Liga gut. Ich bemerke das im Freundeskreis: Das sind nicht nur Basketball-Fans, aber sie bemerken, wenn Bastian Schweinsteiger ein Tor mit einem Sprungwurf feiert.
Haben Sie im Basketball schon einmal einen Verein derart gezielt nach ganz oben stoßen erlebt?
Nein. Man kennt zwar die großen Fußballklubs mit großen Basketballabteilungen wie Barcelona oder Madrid. Auch gab es schon großartige Bundesliga-Aufsteiger wie Quakenbrück, die damals einen Spieler namens Michael Jordan hatten. Aber so etwas wie Bayern, einen Verein, der das in einer solchen Intensität vorantreibt, das gab es noch nie.
Was halten Sie persönlich vom FC Bayern?
Als Kind waren mein großer Bruder und ich Gladbach-Fans. Deshalb fand ich die Borussia cool und Bayern eher doof. Aber das hat sich Schritt für Schritt geändert, je mehr ich im Sport-Management gearbeitet habe.
Inwiefern?
Das sportliche Denken des Vereins, die Strukturen, die er geschaffen hat, die Ziele, die er setzt. Ich verstehe sehr gut, wo sie hinwollen.
Generell kämpft Basketball noch um Aufmerksamkeit. Gerade profitiert der Sport von Dirk Nowitzkis Popularität. Wie weit kann er kommen?
Ich hoffe, dass Basketball einmal Sportart Nummer zwei in Deutschland wird. Es spricht viel dafür, wenn wir für Nachhaltigkeit sorgen.
Es hat sich ja seit Ihrer aktiven Zeit schon viel getan.
Stimmt: von der Schulturnhalle in die Arena. Es wird mehr mit Musik und Animation gearbeitet. Zuschauern, die vom Fußball kommen, fällt das auf, es schafft Glanz und Aura. Der Sport muss aber im Mittelpunkt stehen.
Hier in München müssen viele Fans Basketball erst wirklich kennenlernen.
Es braucht natürlich eine Weile, bis die Zuschauer wie hier in Berlin oder in Bamberg ein Gefühl für den Sport und seine Kultur bekommen.