„So, das war’s dann jetzt“

Bewegender Abschied von Oliver Kahn in der ausverkauften Allianz Arena. 69 000 Fans feiern den Titan bei seinem letzten Auftritt im Tor. „So ein tolles Fest hat er sich richtig verdient.“
MÜNCHEN Er hat es überlebt. So sicher war sich Oliver Kahn vor seinem Abschiedsspiel ja nicht gewesen, ob er es nach fast drei Monaten ohne Training körperlich durchhalten würde. Doch es ist gut gegangen. Nach 75 Minuten aber war Schluss. Die Kraft reichte sogar noch für eine Ehrenrunde. Paul Potts sang live am Mittelkreis „Time to say good-bye“, Kahn badete in eine FC Bayern-Flagge gehüllt in den Emotionen der 69000. Er sprach ins Stadionmikrofon: „Das war zum Abschluss das Größte, das ich je erlebt habe. Das war der Gipfel. Danke.“ Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann meinte: „So ein tolles Fest hat er sich richtig verdient. Ich bin sicher, da ging ihm einiges unter die Haut.“
Nun war Schluss mit Immerweitermachen. Endgültig. Die große Luke in den Stadionbauch öffnete sich. Klappe hoch, Kahn runter. Karriere vorbei. Kahn ging den Weg, den er tausende Male ging. Ganz allein, ganz einsam, trank in der Kabine zwei Elektrolyt-Becher, zog die Handschuhe (jetzt erst!) aus und sagte in die Kamera: „So, das war's jetzt."
Vorher, beim Spiel zwischen Bayern und der Nationalelf (1:1) war es wie früher. Wenn es still war in der Arena, konnte man ihn hören, den Hauptdarsteller. „Männaaa! Aufpassen! Heeee!“ Er zeigte noch einmal das Kahn-Repertoire: Die aufgeblasenen Backen, die einarmige Faust, den Schulter-Abroller und den Abschlag, der ihn berühmt gemacht hat.
Kahn, „die beste Investition, die der FC Bayern je getätigt hat“. Sagte Franz Beckenbauer. So ein Abend ist eine Dankes-Orgie, eine Grußworte-Flut. Bastian Schweinsteiger, sein Kabinen-Nachbar über Jahre und zugleich bester Kumpel, wollte einmal mit ihm Wimpel tauschen. Daher war Schweini DFB-Kapitän, als einzig Abtrünniger. Lahm, Podolski und Klose spielten für Bayern. Ach ja, das Spiel. Ein Show-Match. Trochowski traf für den DFB - und gegen Kahn. Es gab Pfiffe. Zarte Pfiffe. Anders bei der Grußbotschaft von Jens Lehmann („Ich bin ihm immer dankbar, dafür dass er mein Konkurrent war und mich immer zu Höchstleistungen getrieben hat“) via Video-Leinwand. Als die Fans in der Südkurve skandierten „Lehmann, du A...loch!“, zeigte Kahn ihnen: So nicht! Dann griff Hoeneß ein, er schnappte sich das Stadionmikrofon, rief: „Liebe Fans, es ist nicht der Zeitpunkte, solche Dinge zu machen. Heute ist der Tag der Versöhnung." Nur so ist es zu erklären, dass auf der Bayern-Bank neben Klinsmann Sepp Maier saß. Ja, der Maiersepp, nicht gerade ein Profiteur der Bundestrainer-Zeit von Klinsmann.
Später traf sogar Klose nach Pass von Oddo zum 1:1. Kahn freute sich. Ein Tor war ihm nicht mehr vergönnt. Egal.
Nach dem Spiel ging es zur großen After-Show-Feier (850 Gäste) ins Zelt des Deutschen Theaters - mit dabei Jens Lehmann und Kahns ganze Familie, inklusive Oma Erika (86).
Patrick Strasser