Snowboarder Schad: Er genießt die Spiele stressfrei
Snowboarder Konstantin Schad ist Außenseiter – und freut sich: „Mein Traum war es ja, dass ich dabei bin.“
VANCOUVER Konstantin Schad ist ganz entspannt in diesen Tagen. Je näher Olympia rückt, desto lockerer wird der Miesbacher Snowboarder, sagt er ja auch selbst. „Die Anspannung sinkt von Tag zu Tag." Weil er das Gröbste ja schon geschafft hat, vor allem das Größte. Überhaupt dabei zu sein. Ihm geht es gar nicht so um eine Medaille. „Mein Traum", sagt er, „war es ja, dass ich überhaupt dabei bin." Und das ist eben schon alles für manche. Sagt ja auch das Olympische Motto.
Einfach dass sie mitspielen dürfen, darüber sind viele glücklich. Die klassischen Exoten etwa, Skifahrer aus Afrika, Rodler aus Indien, Langläufer aus der Mongolei. Aber auch viele der 153 deutschen Olympia-Starter. Stephan Keppler bei den Alpinen, Aika Klein im Shorttrack, Sarah Hecken im Eiskunstlauf. Die Antipoden zu den Rieschs, Neuners, Kobers. „Dass ich den Druck von denen nicht aushalten muss“, sagt Schad, „da bin ich verdammt froh drüber. Was die für einen mentalen Stress haben, da musst ja schon fast eine Medaille gewinnen." Er selbst muss das nicht. Noch nicht. Ist ja noch jung. Mit 22.
Mit elf fing er damals an mit dem Snowboarden, 2004 kam er dann in die Nationalmannschaft, im Boardercross, wo sie Mann gegen Mann fahren, wo sie zu viert auf einer Strecke sind und es gerne recht eng wird. „Das ist schon verdammt gefährlich", sagt er, „da wirst gerne über den Haufen gefahren.“ Das wurde er in dieser Saison schon oft, weshalb die Qualifikation in großer Gefahr war, am Schluss reichte es im letzten Rennen mit Platz 14 dann doch noch.
Jetzt kommen die Eltern auch mit, sie sind gerade auf Wohnmobiltour durch Kanada unterwegs, und wenn der Bub am Montag seine Vorläufe hat und vielleicht noch etwas mehr, dann stehen sie unten am Cypress Mountain zum Anfeuern. Der Kilian allerdings, der ist nicht dabei.
Der Kilian ist der kleine Bruder vom Konstantin, er ist zwei Jahre jünger, und dass er überhaupt noch da ist, ist ein großes Glück. Vor zwei Jahren diagnostizierten ihm die Ärzte Knochenkrebs im Oberarm, ein Osteosarkom. „Eine ziemlich fiese Form von Krebs“, sagt Konstantin Schad, „die Chancen, dass du einen Sechser im Lotto bekommst, sind weitaus höher.“ Und die Chancen auf Heilung eher ungewiss. „Er hätte beinahe seinen Arm verloren", sagt der ältere Bruder, „und fast auch sein Leben." Aber wenn der Bruder sein Leben dann nicht verliert, ist es auch nicht wichtig, ob man selbst eine Medaille gewinnt.
Kilian Schad machte eine Chemotherapie, eine ziemlich harte, im Schwabinger und im Rechts der Isar, inzwischen ist er genesen und wohl auch geheilt, aber nach Vancouver konnte er nicht, weil er gerade mitten in der Ausbildung steckt. Zum Osteopathen, zum Behandlungstherapeuthen. Weil er nun selbst kranken Menschen helfen will.
Aber einen Glücksbringer vom Kilian hat er doch dabei, eine Bayern-Flagge als weiß-blaues Stirnband. Und vielleicht kommt Konstantin Schad ja doch weiter, erwischt einen großartigen Tag oder die die Konkurrenten fahren sich selbst über den Haufen. Dass er dann einer dieser völlig verblüfften Olympiasieger wird wie 2006 Georg Hettich in der Nordischen Kombination, der danach entgeistert faselte: „Ich dachte, Olympiasieger gibt es nur im Fernsehen." Und wenn nicht, auch nicht schad. Seine Zeit kommt noch. „2018 in München", sagt er, „da wäre ich im besten Alter." Da soll er Gold holen. Dann hat er doch noch Stress.
Florian Kinast
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